Da kann der Snowboard-Star nichts dafür
Podladtchikovs Blitz-Comeback deckt Systemfehler im Dopingkampf auf

Snowboard-Rückkehrer Iouri Podladtchikov lässt die Dopingbekämpfer aufhorchen. Nicht, weil der Olympiasieger verdächtig ist – aber der Schweizer entpuppte sich so sehr als Spezialfall, dass er bei den Anti-Doping-Regeln durchs Raster fiel.
Publiziert: 21.01.2025 um 18:30 Uhr
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Iouri Podladtchikov überzeugte bei seinem Comeback in Laax. Nach einer fünfjährigen Pause klassierte sich der Snowboarder auf Rang 17.
Foto: freshfocus

Auf einen Blick

  • Iouri Podladtchikovs Blitz-Comeback nach vielen Verletzungen
  • Weil er bei seinem Rücktritt in keinem Kontrollpool war, griffen die Anti-Doping-Regeln nicht
  • Der Snowboard-Olympiasieger profitierte auch sonst von einer speziellen FIS-Regel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicola AbtReporter Sport

Zwei Verletzungen erweisen sich für Iouri Podladtchikov (36) in diesen Tagen als besonders wertvoll. Der Snowboarder verpasste die Olympischen Spiele 2018 aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas. Kurz darauf zog er sich einen Achillessehnenriss zu und trat zurück.

Nun zeigt sich: Ohne diese Verletzungen hätten die Anti-Doping-Regeln sein Blitz-Comeback wohl verhindert! Ernst König, als Direktor von Swiss Sport Integrity der oberste Schweizer Dopingbekämpfer, spricht bei Podladtchikov gegenüber Blick von einem «Spezialfall».

Dass der Olympiasieger tatsächlich aussergewöhnlich ist, bewies er am Freitag in Laax GR. Fünf Jahre nach seinem letzten Wettkampf sprang er bereits wieder in die erweiterte Weltspitze – Platz 17. Seit seinem Comeback-Entscheid ist nur ein Monat vergangen. Eine derart kurzfristige Rückkehr eines ehemaligen Spitzenathleten sehen die Dopingbekämpfer als potenzielle Gefahr.

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Wer nicht liefert, wird entfernt

Deshalb führten sie vor einigen Jahren eine neue Regel ein. Die besagt: Wenn sich ein Athlet zum Zeitpunkt seines Rücktritts in einem Doping-Kontrollpool befand, muss er sein Comeback sechs Monate im Voraus ankündigen und wieder seine Aufenthaltsorte mitteilen. Nur so erhalten die Anti-Doping-Organisationen eine Chance, ihn während der Vorbereitung zu testen.

Diese Regel griff bei Podladtchikov nicht. Der Systemfehler: Der Zürcher gehörte keinem Kontrollpool an, als er seinen Rücktritt verkündete. «Wenn ein Athlet über einen gewissen Zeitraum nicht mehr zu den Besten gehört, wird er entfernt», erklärt König. Genau das ist bei Podladtchikov aufgrund seiner Verletzungen passiert. 

Podladtchikov noch ohne Doping-Test

Vor seiner Comeback-Ankündigung hätte sich der Snowboarder also theoretisch mit Dopingmitteln vollstopfen können, ohne eine Kontrolle befürchten zu müssen. «Es stimmt, dass unser Fokus klar auf dem Spitzensport liegt und wir zurückgetretene Athleten in der Regel nicht mehr kontrollieren.»

Gleichzeitig betont König, dass alle Athleten, welche am organisierten Sport in der Schweiz teilnehmen, von ihnen jederzeit kontrolliert werden könnten. Podladtchikov musste sich seit seiner Rückkehr noch keiner Dopingkontrolle unterziehen, wie er gegenüber Blick erklärte.

Verwirrung um Wildcard

Nebst der fehlenden Zugehörigkeit zu einem Kontrollpool verdankte Podladtchikov sein Blitz-Comeback auch einer speziellen FIS-Regel. Auf die Frage von Blick, warum er so schnell zurückkehren konnte, verwies Podladtchikov zunächst auf die neu geschaffene Wildcard vom Weltverband FIS. Diese erleichterte bereits den Ski-Altstars Lindsey Vonn (40) und Marcel Hirscher (35) die Rückkehr in den Weltcup. 

Später meint er dann: «Es ging irgendwie um die Anzahl der Startplätze.» Auf Blick-Anfrage löst die FIS das Rätsel auf. «Podladtchikov benötigte keine Wildcard», erklärt der Weltverband und verweist auf den Artikel 2.3.6 im Regelwerk der Snowboarder. 

Dieser beschreibt das Vorgehen, wenn das maximal mögliche Teilnehmerfeld nicht erreicht wird: «Verbleibende Startplätze werden an die Höchstklassierten auf der Anmeldeliste vergeben.» Da nicht alle Nationen ihr Kontingent ausgeschöpft hatten, erhielt Olympiasieger Podladtchikov einen der freien Plätze. So brachte er keinen Schweizer um die Startmöglichkeit.

Schwinger müssen weniger Angaben machen

Springt Podladtchikov in Zukunft ähnlich stark wie in Laax, dürften sich die Doping-Jäger bald einmal bei ihm melden. Eine erneute Aufnahme in einen Kontrollpool scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Diese unterscheiden sich in der Menge der Informationen, welche die Sportler über ihre Aufenthaltsorte angeben müssen.

Darin vertreten sind nur international aktive Athleten. «Es existieren nicht in allen Sportarten Kontrollpools. Im Schwingen beispielsweise gibt es keine, da wir die Wohnadressen der Athleten kennen und sie immer in etwa am gleichen Ort trainieren», sagt König. Wohin Podladtchikov als Nächstes reisen wird, ist noch unklar. Sicher ist: Swiss Sport Integrity wird ihn ganz genau beobachten.

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