Darum gehts
- Schweizer Freestyle-Athleten gewinnen drei Goldmedaillen an der WM in St. Moritz
- Regez, Smith und Gremaud überwanden Verletzungen und Schicksalsschläge
- Eine Verletzung machte Gremaud in der Woche vor der WM Probleme
Nicht eine, nicht zwei, sondern drei Goldmedaillen! Die Schweizer räumen am Freitag an der Freestyle-WM in St. Moritz GR gross ab. Ryan Regez (32) und Fanny Smith (32) triumphieren im Skicross. Freeskierin Mathilde Gremaud (25) in der Disziplin Slopestyle. Neben ihren erfolgreichen Karrieren verbindet die Drei, dass sie alle schwere Zeiten hinter sich haben.
Die Karriere von Weltmeister Regez hätte kurz nach Beginn dieser Saison vorbeisein können. Im Anschluss an die verpatzten Rennen in Frankreich machte sich der Berner grundlegende Gedanken über seine Zukunft. Auch ein möglicher Rücktritt stand im Raum. «Ich habe alles hinterfragt», sagte er im Januar zu Blick.
Seine vielen Verletzungen hemmten Regez während der Fahrt. Im Dezember 2022 riss der schweizerisch-britische Doppelbürger zum zweiten Mal das Kreuzband. «Ich muss Spass am Skicross haben, sonst muss ich mir das nicht antun.» Seinem Sportpsychologen und Mentaltrainer sowie der Familie hat er es zu verdanken, dass er sich einmal mehr aufraffte und nun an der WM zu Gold fuhr.
Viel Lob von der Mutter – wenig vom Vater
Neben der Piste zeichnet sich Regez durch seine extrovertierte Art aus. Besonders in Erinnerung geblieben ist sein Auftritt im Sportpanorama 2019. Der Skicrosser betrat das Studio mit einer rosa-violetten Einhorn-Leggings. «Viele würden das peinlich finden – ich nicht. Für mich war es ein gelungener Stunt», sagte er hinterher.
Seinen enormen Ehrgeiz verdankt er seinem Vater. «Er hat mich nur gelobt, wenn es richtig gut war.» Ganz anders seine Mutter, die aus England stammt: «Sie sagte immer ‹great› oder ‹well done›, egal, wie es lief.» Grossen Wert legt der in Wengen BE aufgewachsene Regez auf seinen Körper. Seit 2017 verzichtet er auf Fleisch. Auch Alkohol trinkt er nicht. Ob es an der Goldparty eine Ausnahme gab?
Material-Wechsel als Schlüssel zum Erfolg
Richtig viel zu feiern hat auch seine Teamkollegin Fanny Smith. Trotz körperlichem Nachteil auf der flachen Strecke siegte die Waadtländerin souverän. In den Gleitpassagen profitierte Smith von ihrem schnellen Material. Nach einem zweijährigen Unterbruch fährt sie seit dieser Saison wieder mit Ski von der Schweizer Firma Stöckli.
Einen Anteil an ihrem WM-Titel haben auch die Schweizer Ski-Cracks um Michelle Gisin und Wendy Holdener. Smith durfte sie im letzten Sommer ins Trainingslager nach Argentinien begleiten. «Das war eine coole Erfahrung.» Als Kind fuhr die zweifache Weltmeisterin viele Skirennen. «Die waren mir aber irgendwann zu langweilig», sagte Smith einst.
Arzt stellte düstere Prognose
Im Skicross fand sie die nötige Action. Während Smith im Sport schnell Erfolge feierte, tat sie sich als Legasthenikerin in der Schule schwer. Mittlerweile sieht sie es als Vorteil. «Ich musste früh lernen, hart an mir zu arbeiten.» Ihre Skicross-Karriere gleiste Vater Christophe auf. Er suchte Mäzene und Trainer.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Mittlerweile steht Smith bei 34 Weltcupsiegen und sieben WM-Medaillen. Ihre Bronzemedaille an den Olympischen Spielen 2022 in Peking erhielt sie erst mit 425 Tagen Verspätung. Kurz nach dem Rennen wurde die Schweizerin wegen eines angeblich unfairen Manövers auf den vierten Platz zurückversetzt. Einem Einspruch von Swiss Ski wurde schliesslich stattgegeben.
All diese Erfolge erscheinen noch wertvoller, wenn man weiss, dass ihre Karriere 2012 hätte vorbei sein können. Am Tag vor Weihnachten verletzte sich Smith schwer. Sie riss sich das vordere Kreuzband und zog sich eine Meniskus- und Seitenbandverletzungen zu. «Direkt nach der Operation hat mir mein Chirurg anvertraut, dass er nicht weiss, ob ich meinen Sport jemals wieder ausüben kann.» Nun feiert sie in St. Moritz ihren zweiten WM-Titel.
Schicksalsschlag kurz vor Saisonbeginn
Mit Verletzungen kennt sich auch Weltmeisterin Mathilde Gremaud aus. In der letzten Woche vor der WM hatte sie so starke Schmerzen, dass sie nur einmal auf den Ski war. Trotz der suboptimalen Vorbereitung triumphierte die Freeskierin in der Disziplin Slopestyle. Damit hat Gremaud einmal mehr bewiesen, dass sie sich von Rückschlägen nicht aufhalten lässt.
Ein besonders trauriges Beispiel dafür ist jenes vom Herbst 2023. Kurz vor Beginn der Saison verstarb ihre Tante. «Wir hatten ein enges Verhältnis. Deshalb schmerzte es umso mehr», erklärte sie damals. In der gleichen Saison gewann Gremaud als erste Frau im Freeski drei Kristallkugeln.
Nach grossen Erfolgen kämpfte die Schweizerin immer wieder mit einer mentalen Erschöpfung – eine Art Mini-Burnout. Seither rund einem Jahr geht sie zu einem Psychotherapeuten. Energie tankt Gremaud bei ihrer Freundin Valentina Höll (23). Sie ist die beste Downhill-Fahrerin der Welt. Gemeinsam werden sie den WM-Titel gebührend feiern.