Nach dem mutigen Schritt, sich vom 2018 eingeschlagenen Familienweg abzuwenden («Der Spanien-Wechsel war nicht meine Entscheidung») und ihren «eigenen Willen» durchzusetzen, steht Rebeka Masarova vor einem erneuten Neuanfang. Die 25-jährige Baslerin, deren Mutter Spanierin ist, spielt wieder unter Schweizer Flagge. Es ist das Kapitel 2.0 beim Verband Swiss Tennis, der Masarova damals einen lukrativen Vertrag vorgelegt hatte, bei dem sie nicht nur vom sportlichen Know-how hätte profitieren können, sondern auch von den in der Schweiz – im Vergleich zu anderen Ländern – attraktiven Rahmenbedingungen mit der Stiftung Schweizer Sporthilfe und weiteren Sponsoren.
Doch die Masarova-Seite zog nach Spanien und schlug Swiss Tennis damit die Tür vor der Nase zu, was den Verband mit Sitz in Biel dazu verleitete, rechtliche Schritte zu erwägen. Doch weil man sich einvernehmlich einigen konnte und Masarova Rückzahlungen der jahrelangen Fördergelder tätigte, wurde der Zwist beigelegt.
Und jetzt? Ist Streit absolut kein Thema mehr, wie es von Verbandsseite heisst. Umso mehr nach Masarovas offenen Worten und ihrer betonten Absicht, selbst die Kontrolle über ihre Karriere innehaben zu wollen. Und auch, weil die 1,86 m grosse Rechtshänderin bei ihrem Rückkehrgesuch keine Forderungen stellte, sondern schlicht und einfach in ihr Geburtsland zurückkehren wollte. «Es ist mir eine Ehre, wenn Athletinnen – mit mehreren Pässen – freiwillig für die Schweiz spielen», sagt Alessandro Greco, Leiter Spitzensport bei Swiss Tennis: «Ich heisse Rebeka herzlich willkommen. Ich kenne sie natürlich seit vielen Jahren, als wir sie tatkräftig unterstützt haben, und traue ihr sehr viel zu.»
«Selten so eine Spielerin gesehen»
Ähnlich tönt es vonseiten des Billie-Jean-King-Cup-Captains Heinz Günthardt: «Rebeka ist eine absolute Verstärkung. Ich habe selten eine Spielerin unter den ersten 100 der Welt gesehen, die athletisch derart gute Voraussetzungen mitbringt. Sie ist gross, stark und schnell.» Bleibe sie verletzungsfrei, könne sie vom aktuellen Platz 144 schnell wieder dort sein, wo sie 2023 bereits war – auf Rang 62 oder gar noch weiter vorne. Out in der Australian-Open-Quali hin oder her.
Ein Haken bleibt aber: Masarova muss nach ihrem Spanien-Intermezzo beim Weltverband ITF einen Antrag stellen, um in den Teambewerben, im BJK-Cup oder bei Olympia, erneut für die Schweiz antreten zu dürfen. Das kann monatelang dauern. Ausgang ungewiss. Bei Swiss Tennis hofft man nach Masarovas emotionaler Erklärung auf Empathie beim Weltverband. Und darauf, dass genau solch ein Fall in den Ausnahmeregelungen greifen wird.
Bei der WTA, der Vereinigung der professionellen Tennisspielerinnen, welche die Frauen-Tour unter sich hat, war die Sache mit dem Wechsel übrigens bedeutend einfacher. «Dort genügte ein Anruf und das Fähnchen war geändert», so Günthardt.