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Kann Federer das grosse Comeback von 2017 wiederholen?
Damals lag Magie in der Luft

Endlich ist es so weit. Gegen Dan Evans (Gb, ATP 28) spielt Federer am Mittwoch erstmals wieder Tennis (16 Uhr, SRF 2). Und die Welt fragt sich: Wie parat ist Roger? BLICK-Reporterin Cécile Klotzbach erinnert sich an eine Tennis-Sternstunde.
Publiziert: 10.03.2021 um 16:07 Uhr
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Der magische Moment nach dem Matchball 2017: Comebacker Federer gewinnt die Australian Open.
Foto: Getty Images
Cécile Klotzbach

2017 – was für ein Wahnsinns-Jahr für Federer! Rund neun Jahre nachdem wir Schreiberlinge bereits erstmals (2008 war Roger Federer am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt und kam nicht auf Touren) und nach dem titellosen 2016 erneut den Abgesang angestimmt hatten, liess der damals 35-Jährige uns so richtig blöd dastehen. Nicht schlimm. Wer freute sich schon nicht diebisch, dass unser aller Liebling doch wieder an seine allerbesten Zeiten anknüpfen konnte!

Aber die Vorzeichen für die Saison sahen wirklich alles andere als gut aus. Vier Jahre lang hatte Federer kein Major-Turnier mehr gewonnen. Das Jahr zuvor war von körperlichen Rückschlägen geprägt gewesen, bis Federer die Olympia-Saison ganz abbrach. In der Weltrangliste purzelte er, als Nummer 17 kam er in Australien zurück. Ein Sprung ins kalte Grand-Slam-Wasser.

Dem Rekordsieger nur Aussenseiterchancen zuzuschreiben, schien fast unter unserer verwöhnten Würde. Aber wer glaubte damals schon an einen Sieg? Unterstellung: wohl nicht einmal er selbst! Die ersten Runden sind denn auch Kraftakte. Dann scheiden Turnier-Nummer 2 Novak Djokovic sowie der topgesetzte Andy Murray aus – und plötzlich öffnet sich das Tor zur Hoffnung. Der Schweizer Halbfinal gegen Stan Wawrinka – ein Bad der Gefühle zweier Schwimmer, die unter Krämpfen leiden.

Hormone spielten verrückt

Nebenbei erwähnt: Mit dem Thriller knackt Federer als zweiter Spieler nach Djokovic die Preisgeldmarke von 100 Millionen Dollar. Doch der übernächste Abend soll noch gewaltiger, noch spannender werden. Der Schweizer sieht sich in der brechend vollen Rod-Laver-Arena dem ewigen Rivalen Rafael Nadal gegenüber. Magie liegt in der Luft. Wenn da nur nicht die Statistik wäre: Die sechs letzten Grand-Slam-Duelle gingen an den Spanier – darunter drei an den Australian Open.

Euphorie und Ernüchterung wechseln sich in den Fan-Lagern immer wieder schnell ab, die Hormone spielen verrückt. Zweimal geht Roger in Satzführung, zweimal gleicht Rafa aus. Das ganze Stadion ist endorphin- und adrenalingeladen – unmöglich, sich dem als vermeintlich neutraler Journalist zu entziehen. Und doch muss der Kopf kühl für den fünften Wahnsinns-Satz bleiben. Roger kassiert früh ein Break, die Luft wird dünn. Doch Houdini aus dem Baselbiet zieht den Kopf aus dem Schwitzkasten des Toreros. Matchball, nach einer letzten Challenge die Erlösung für Federer. Welch magischer, unvergesslicher Moment!

«Ich glaube, es braucht länger, bis sich das setzt», sagt der nun 18-fache Grand-Slam-Champ. «Das war mein unglaublichster Erfolg, keiner war emotionaler. Es gibt immer noch Tage, an denen ich denke, ich träume», sagt er Monate später auf dem Weg zu weiteren sechs Titeln in seiner Comeback-Saison. Nein, kein Traum, auch nicht der Wimbledon-Sieg ohne Satzverlust.

Die kleine Bühne von Doha

2021 – wieder ein Wahnsinns-Jahr. Pandemie, Turniere in «Bubbles», wenn überhaupt. Und wieder ein Federer-Comeback. Endet es in einer Sternstunde wie vor fünf Jahren? Das kann es gar nicht. Das ist keine Medien-Schwarzmalerei, das sagt auch der Meister selbst. Die kleine Bühne in Doha und die geringere Bedeutung des 250er-Events können die Magie von Melbourne nicht heraufbeschwören. Zudem stellt sich Roger nach zwei Knie-OPs und seiner längsten einjährigen Pause bedeutend mehr Fragen. Die Erkenntnisse über seinen Körper sind diese Woche wichtiger als die Resultate.

Die werden – sofern das «Knie der Tennis-Nation» hält – in der Rasensaison relevant. Erst dann fange für ihn alles so richtig an, sagt Federer. Die Magie von Wimbledon lockt – und hüte sich, wer den Zauberer bis dahin wieder abschreibt.

Federer nach erfolgreichem Comeback
«Wäre genauso glücklich, wenn ich im Dritten 5:7 verloren hätte»

Roger Federer kanns noch! Seine Comeback-Premiere gegen Dan Evans gelingt. Aber das zweieinhalbstündige 7:6, 3:6, 7:5 wird zum ultimativen Körper- und Nerventest.
Publiziert: 10.03.2021 um 19:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2021 um 11:52 Uhr
Federer schlägt stark auf – und sucht sein Handtuch
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Sieg in Doha beim Comeback:Federer schlägt stark auf – und sucht sein Handtuch
Cécile Klotzbach

Seit über einem Jahr wartet die Tenniswelt drauf, jetzt, Mittwoch um 16 Uhr, ist es endlich soweit: Roger Federer betritt wieder einen Centre Court! Den kleinen 250er-Event in Doha, Katar, hat sich der 39-jährige Superstar für sein weltweit viel beachtetes Comeback ausgesucht. Diese Woche soll als Standortbestimmung dienen, als Test für seine Fitness, seine Schnelligkeit und allem voran für sein zweimal operiertes Knie.

Die rund 2000 erlaubten Fans im Stadion, geben sich alle Mühe, aber der Willkommens-Applaus ist zu diesen Pandemie-Zeiten natürlich nicht so tosend, wie es Federer nach so langer Abwesenheit gebürt. Doch damit war zu rechen – und auch damit, dass der Superstar mit seinem selbst entworfenen und mitentwickelten Tennisschuh weissen «On»-Schuh spielt.

Aufschlag nicht verlernt

Federer beginnt mit dem Service. Und schnell wird klar: Den Aufschlag hat er nicht verlernt. Vier Erste serviert er seinem Gegner Dan Evans (ATP 28) im ersten Game – und im ähnlichen Stil geht es weiter. In den ersten vier Aufschlagspielen gibt der Schweizer gerade einmal zwei Punkte ab. Dass er sich auf seine Service-Stärke verlassen kann, ist besonders zu Beginn seines Comebacks unheimlich wichtig. Einerseits fürs Vertrauen, andererseits um durch kurze Ballwechsel mit seiner Energie sparsam umzugehen und seinen Körper beim Wiedereinstieg zu schonen.

Denn beim Return haperts erwartungsgemäss noch etwas – auch der Brite bringt seine Games relativ locker durch. Von der Grundlinie fehlt dem Comeback-Star augenscheinlich noch das Timing, was allerdings auch nicht weiter verwunderlich ist. Und sein Auge beim Volley dürfte noch besser werden. Einen Breakball muss er abwehren. Aber dank einer sensationellen Aufschlagquote von 83 Prozent – und 7 Assen – schafft es Federer dennoch relativ sicher in den Tiebreak.

Der wird zur ersten Nervenprobe: Unsere aktuelle Weltnummer 6 wehrt einen Satzball ab, vergeigt zwei eigene, verwertet dafür ihren dritten Satzball mit einer wunderbaren Rückhand cross an Evans vorbei. Nerventest bestanden: Comeback-Satz 1 gewonnen!

Auch Thiem schaut Comeback-Gala

Auch Durchgang 2 beginnt aus Schweizer Sicht gut – übrigens vor den Augen des top-gesetzten Dominik Thiem, der zuvor seinen Auftaktmatch gewonnen hat und sich die Show nicht entgehen lässt. Federer erarbeitet sich eine erste Breakchance, kann sie aber nicht nutzen. Dan Evans, der Anfang Februar seinen ersten Titel in Australien gewann, hält dagegen – mehr als uns lieb ist, denn er realisiert in der Folge das Break. Bei 1:3 das gleiche Spiel: Wieder lässt der Baselbieter eine Möglichkeit sausen, seinem Gegner, mit dem er in der Vorbereitung in Dubai über 20 Sätze trainiert hat, den Aufschlag abzunehmen. Der Durchgang zieht an ihm vorbei – 3:6.

Es ist der erste Satz, den der britische «Bösewicht», der schon wegen Kokain-Konsums auf der Tour gesperrt war, im vierten Duellen gegen Federer gewinnt. Federers Service-Quote ist deutlich gesunken – und somit stellt sich vor dem dritten Satz die Frage: Wie fit ist er nach bereits gespielten eineinhalb Stunden noch? Und natürlich die Frage aller Fragen: Hält sein Knie?

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Roger Federer ballt die Faust. Der 20-fache Grand-Slam-Sieger kehrt erfolgreich auf die Tour zurück.
Foto: Getty Images

Sicherlich hat sich der fast 40-Jährige ein kürzeres Premiere-Match gewünscht. Aber auch Satz 3 wird zur Geduldsprobe. Bei 3:3 wehrt Roger zwei Breakbälle ab – einen mit einem Ass, den anderen mit einem feinen Stopp. Ansonsten liefern sich beide Spieler ein Spiel auf Augenhöhe. Bei 5:4 kommt Federer zu zwei Matchbällen – aber es soll nicht sein, dieses Auftakt-Match. Mit Happy End: Mit einem fantastischen Rückhand-Passierball longline beendet er den Krimi, der fast zweieinhalb Stunden lang wieder alles geboten hat, was alle Tennis-Fans so vermisst haben.

«Meine Nerven sind das nicht mehr gewöhnt»

Roger Federer kanns noch! «Ich war müde», gibt er direkt nach dem Match zu. «In meinem Alter zurückkommen, ist nicht so einfach.» Später erzählt er, wie anstrengend nur schon die Zeit davor gewesen sei: «Am Abend fühlte ich mich noch gut und relaxt. Aber am Morgen wurde ich angespannter. Beim Einspielen merkte ich: Das ist kein normaler Trainingstag mehr – und brach nach zwanzig Minuten ab, um mich nicht verrückt zu machen. Um vier Uhr dachte ich, das ist jetzt doch noch etwas lang bis sechs Uhr. Dann besprichst du noch die letzten Pläne mit den Trainern und du wirst richtig kribbelig. Von all dem bist du nur schon müde, bevors losgeht. Meine Nerven sind das nicht mehr gewöhnt – und das spürte ich auch im Match.»

Er müsse mit der Zeit wieder lockerer werden, um auf dem Niveau zu spielen. Körperlich sei es weniger ein Problem gewesen. «Wenn du nicht zweieinhalb Stunden spielen und rennen kannst, musst du kein Comeback wagen.» Das Knie sei nach wie vor schmerzfrei – auch wenn er gespannt sei, wie es sich am nächsten Tag anfühlt, wenn er gegen den Georgier Nikoloz Basilashvili (ATP 48) schon wieder antreten muss.

Er sei körperlich noch nicht bei 100 Prozent, hatte er vor dem Match angekündigt. Aber es reicht, um mit einem Top-30-Spieler in seiner besten Form mitzuhalten. Generell sei er deshalb sehr zufrieden, alles habe sich gelohnt: «Und ehrlich, ich wäre genauso glücklich, wenn ich 5:7 im Dritten verloren hätte.»

Hat er aber nicht. Es reichte, um mit einem Top-30-Spieler in seiner besten Form mitzuhalten. Und das freut natürlich auch Federer: «Jetzt bekomme ich zumindest eine weitere Chance und die nehme ich gerne.»

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