Auf einen Blick
- Dominic Stricker startet in Auckland die neue Tour-Saison
- Der 22-Jährige hat die Hypnose für sich entdeckt – als mentales Ventil
- Winterthur war seine Trainingsbasis, bei Ex-Handballprofi Cvetkovic
Bääm! Dominic Stricker (22) schmettert den Ball mittels Fussballvolley übers Netz – und lässt seinen Coach Didi Kindlmann (42) aufjauchzen. Das Duo macht gerade zwei junge Trainingspartner, die sie herausgefordert haben, im Fussballtennis fertig. «Der neue YB-Stürmer!», witzelt Stricker nach seinem spektakulären Punkt in der Halle von Swiss Tennis in Biel.
Es ist kurz vor Weihnachten, und Stricker absolviert gerade seinen letzten Vorbereitungsblock, bevor er in Australien und Neuseeland die neue Saison in Angriff nimmt. Der Linkshänder aus Grosshöchstetten BE spricht zwischen zwei Trainingseinheiten von einer «klassischen Aufholjagd», die er nun im Sinn habe. Ähnlich wie sein Lieblingsteam, der abgestürzte Meister YB, der nur auf dem neunten Super-League-Rang überwintert.
Zweifel im Spätsommer
Wie die Berner musste auch Stricker zuletzt unten durch. Eine hartnäckige Rückenverletzung hatte ihn zunächst ein halbes Jahr ausser Gefecht gesetzt, ausgerechnet nach seinem Durchbruchsjahr 2023 mit dem US-Open-Achtelfinal als Höhepunkt. Dann, bei seinem Comeback im Juni 2024, stotterte sein Motor. Monatelang suchte er Form und Siege – und begann, sich «langsam zu hinterfragen», wie er nun offen zugibt. Auch sein Coach Kindlmann beschönigt nichts. «Es war schwierig. Wir mussten nicht, wann oder ob sein altes Level jemals zurückkehren würde», so der Deutsche, der schon mit Maria Scharapowa (37), Angelique Kerber (36) und Aryna Sabalenka (26) zusammengearbeitet hat.
Die Erlösung kam letztlich erst im Oktober, mit dem Viertelfinal in Stockholm (inklusive Sieg über Matteo Berrettini) und dem Achtelfinal in Basel. «Da hat es endlich wieder Klick gemacht, ich merkte, dass mein Niveau wieder da ist», so Stricker, der zuvor nichts unversucht liess, um wieder in die Spur zu finden.
Neue WG, neue Inputs, viel Curry
Der Berner zog in Winterthur mit Trainer Kindlmann in eine temporäre WG, um dort nicht nur seine Kochkünste unter Beweis zu stellen («Rotes Curry!»), sondern auch neue Trainingsformen kennenzulernen. Stricker arbeitete mit Ex-Handballprofi und Athletikcoach Goran Cvetkovic (42) zusammen. Dabei traf er immer wieder auf prominente Trainingspartner wie Top-Schwinger Samuel Giger (26) oder FC-Winterthur-Stürmer Roman Buess (32). Daneben setzte Stricker mit Mentaltraining viel daran, den Kopf freizubekommen. Neu auch in Form von Hypnose, wie er verrät.
Während seiner Verletzungspause habe er abends oft wach im Bett gelegen und «herumstudiert»: «Dann probierte ich die Hypnose aus – und das war extrem augenöffnend für mich. Sie half mir aus dem Tief, mich zu beruhigen, einfach herunterzufahren und abzuschalten.»
Mittlerweile hat Stricker die Hypnose, als eine Art Meditation, als steten Begleiter in seinen Alltag eingebaut. Ist er nicht bei seinem Hypnotiseur in der Schweiz, schickt ihm dieser via Sprachnachricht Aufgaben zu. «Egal, wo ich gerade bin», erklärt Stricker, der nach dem Schweizer Out am United Cup in Sydney nach Neuseeland weitergereist ist. Dort beginnt für ihn am Samstag die Saison mit dem ATP-250-Turnier in Auckland, wo er mittels geschützter Rangierung (ATP 94) in der Quali ran darf. Und dasselbe Protected Ranking erlaubt ihm eine Woche später den erstmaligen Start im Hauptfeld der Australian Open in Melbourne.
Dort hätte er schon letztes Jahr angreifen können, hätte ihn der Rücken nicht ausgebremst. Immerhin: Stricker sagt, die Beschwerden seien weg, auch wenn er nach wie vor gezielte Übungen machen muss, damit die Schmerzen nicht zurückkehren: «Es macht wieder Spass. Ich fühle mich körperlich so stabil wie seit langem nicht mehr.»
Sein Ziel: Die Leiter vom aktuellen Platz 299 wieder hinaufklettern – und auf der Tour endlich wieder zünftig punkten. Wie beim Fussballtennis als «neuer YB-Stürmer».