«Man kann heute leider nichts mehr sagen, ohne gleich radikalisiert zu werden»
Nadal wehrt sich gegen Fascho-Vorwürfe

Wegen einer Äusserung über das Vorgehen der spanischen Regierung in der Corona-Krise wurde Rafael Nadal kritisiert. Jetzt wehrt er sich in einem Interview. Der Tennis-Star will keine politische Schachfigur mehr sein.
Publiziert: 26.08.2020 um 14:54 Uhr
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Für einmal wird Rafael Nadal selbst zum Spielball. Wegen Äusserungen gegen die sozialistische spanische Regierung wird der Tennis-Star in die rechte Ecke gestellt.
Foto: Getty Images

Rafael Nadal hat die Schnauze voll. Sobald der Spanier in seiner Heimat etwas sagt, wird er sogleich als politischer Spielball benutzt. So wie zuletzt im Mai.

Damals kritisierte Nadal die Regierung für den Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus in Spanien. Der Weltnummer 2 ging es viel zu langsam. «Wenn früher vorbeugende Massnahmen ergriffen worden wären, hätte dies die Notwendigkeit all der extremen Massnahmen vermieden, die wir später ergriffen haben», so Nadal im Mai.

Vorwurf, faschistische Ideale zu unterstützen

Er wollte das aber nicht als Angriff auf den spanischen Premierminister Pedro Sanchez und gegen dessen sozialistische Regierung verstanden haben. Nadal: «Was macht es für mich für einen Unterschied, ob es die PP, Podemos, PSOE, Vox, Ciudadanos oder was auch immer ist. Ich interessiere mich nicht über Casado, Abascal, Arrimadas, Iglesias or Sánchez. Wichtig ist, dass sie uns aus der Krise führen mit möglichst wenigen Toten und möglichst kleinem wirtschaftlichen Schaden.»

Das Problem hierbei ist die Erwähnung der «Vox», der nationalkonservativen, rechtspopulistischen Partei Spaniens und dessen Vorsitzenden Santiago Abascal. Nadal wurde deshalb unterstellt, faschistische Ideale zu unterstützen. Nadal wurde als politische Schachfigur in die rechte Ecke gestellt, als Gesicht der Opposition gegen die Mitte-Links-Regierung. Und erntete dafür viel Kritik, wurde dafür in den sozialen Netzwerken offen auch als Faschist bezeichnet.

«Man kann nichts sagen, ohne radikalisiert zu werden»

In einem Interview mit «GQ» äussert er sich nun zu den Angriffen, die vornehmlich auf Twitter erfolgten. «Man kann heute leider nichts mehr sagen, ohne gleich radikalisiert zu werden. Aber ich habe keine Interesse an diesem Zirkus von Heuchelei und Radikalisierung», ereifert sich der Spanier.

Er habe einfach sein Recht genutzt, seine Meinung zu äussern. Nadal: «Wenn meine Aussagen von einer Seite politisch verwendet werden, habe ich keinen Einfluss mehr darauf.»

Er wolle kein Teil dieser Radikalisierung sein, die heute in der Gesellschaft einziehe. «Man kann nicht mehr frei ausdrücken, was man will, weil man dann gleich so dargestellt wird, als ob man schlecht von der Regierung spricht», ärgert sich der 34-Jährige. «Aber ich habe nie schlecht von der Regierung gesprochen. Ich habe meine Meinung geäussert, die ich damals hatte. Und das habe ich in Wahrheit mit grösstem Respekt getan.»

«Sonst stehe ich wie ein Idiot da»

Der 19-fache Grand-Slam-Sieger stellt klar, dass er kein Experte in Politik oder in Sachen Corona sei. «Ich bin nur ein Bürger. Ich bin kein Arzt, sondern ein Athlet, der Nachrichten verfolgt. Wenn mir eine Frage gestellt wird, soll ich sie dann nicht beantworten? Ich muss doch eine Meinung äussern, sonst stehe ich wie ein Idiot da.» Wenn er spreche, dann mache er das mit Demut und mit seinem entsprechenden Wissensstand.

Nadal äusserte sich lange Zeit nie politisch, änderte das aber 2018. Nachdem Pedro Sanchez per Misstrauensvotum gegen seinen konservativen Vorgänger Mariano Rajoy an die Macht gewählt wurde, ergriff er das Votum für eine Neuwahl durch das Volk. Seither wird er von der Rechten gerne vor den Karren gespannt. (sme)

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