Sie lässt das Racket fallen, jubelt, lacht und lässt sich vom Publikum feiern. 6:3 und 6:4 siegt Qualifikantin Emma Raducanu (18) am Mittwoch an den US Open gegen Belinda Bencic und ist damit die jüngste Britin, die je einen Halbfinal in New York erreicht hat.
Raducanu begeistert. Mit ihrer Leichtigkeit, mit Zauberschlägen und mit ihrer kecken Art hat sie die Herzen der Tennis-Fans im Sturm erobert. Nach dem Sieg über Bencic grinst sie breit. Ihr noch junges Märchen geht weiter – und daran hat sie selbst kaum geglaubt. «Meine Flüge wurden auf das Ende der Qualifikation gebucht», hat Raducanu lachend zugegeben. Nun bleibt sie halt etwas länger in den Staaten.
Noch im Juni ist die 18-Jährige, die erst vor drei Monaten in Nottingham ihr Debüt auf der WTA-Tour gegeben hat, in der Weltrangliste auf Platz 338 gestanden. In Wimbledon ist Raducanu dann mit einer Wildcard in den Achtelfinal gestürmt – hat dort aber nach Atemproblemen aufgeben müssen. Aktuell ist sie die 150 der Welt.
Sie spricht Mandarin
In England gilt sie längst als grosse Tennis-Hoffnung – und auf der Insel ist sie in besten Händen. Vom Verband wird Raducanu auf höchster Stufe gefördert. Ihr Trainer ist Nigel Sears, der Schwiegervater von Andy Murray, der bereits Grössen wie Ana Ivanovic betreut hat.
Geboren ist das Tennis-Ass zwar in Toronto in Kanada. Ihre Mama kommt aus China, ihr Papa ist Rumäne. Sie spricht fliessend Mandarin. Weil sie als 2-Jährige aber nach England gekommen ist, schwingt sie heute das Racket unter der Flagge des Königreichs.
Keine Frage, diese junge Frau hat eine grosse Zukunft vor sich. Das sieht auch Trainer Sears so: «Ganz ehrlich? Nach oben sind keine Grenzen gesetzt – und das denke ich seit dem ersten Tag unserer Zusammenarbeit», hat er nach ihrem Wimbledon-Abenteuer gesagt.
Auch Belinda Bencic ist von ihr begeistert. «Emma liefert eine tolle Story, sie ist toll fürs Tennis. Ich hoffe einfach, dass man sie jetzt auch gut schützt und nicht zu viel Druck auf sie ausübt», so die Schweizerin.
Gross in der Vogue
Dass der Druck wachsen wird, das ist wohl unumgänglich. Der Rummel um die junge Raducanu hat nur schon in den letzten Wochen radikal zugenommen. Aktuell ist sie mit einem Interview gar gross in der Modezeitschrift Vogue zu bestaunen. All die Aufmerksamkeit, obwohl Raducanu bisher in ihrer Karriere noch kein Turnier gewonnen hat.
Dass sie sich daran stört, darf jedoch mehr als bezweifelt werden. Sie ist keck, aufgestellt und wirkt schon recht geerdet und reif. Sie hat auch schon Pläne, was sie nach dem Turnier in New York machen will. Sightseeing!
Zuvor aber steht in der Nacht auf Freitag noch der Halbfinal gegen Maria Sakkari aus Griechenland an. Bereits am Montag dürfte Raducanu dann die Nummer 51 der Welt sein. Der Weg vom Teenager zum Weltstar war definitiv schon länger. (mam)