Stacey Allaster ist Kanadierin. Umso bemerkenswerter, dass sie im Juni zur mächtigsten Frau im US-Tennis avancierte. Sie trat ihr Amt inmitten der Corona-Pandemie an, die den professionellen Sport weltweit aus allen Fugen gehoben hat. Eine Herausforderung, die nur Krisen-Erprobte meistern können. Menschen wie Allaster.
Die Karriere der 57-jährigen Mutter, die mit zwei aus Sibirien adoptierten Buben auch privat nicht den Weg des geringsten Widerstands ging, führt gradlinig nach oben: Vom örtlichen Tennisverband ihres Heimatbezirks Ontario wechselte sie zum nationalen Verband «Tennis Canada», wo sie von 1991 bis 2005 als Vizepräsidentin für Marketing und Vertrieb sowie als Direktorin des Masters-1000- und WTA-Turniers «Rogers Cup» wirkte. Von dort aus gings zur WTA-Tour der Frauen, von da wurde sie zum amerikanischen Tennisverband USTA befördert.
Für gleichen Lohn gesorgt
Nun steht Allaster an der Spitze der Pyramide – denn die Chefposition bei einem der vier sehr unabhängigen Grand-Slam-Turniere, die reicher als ATP, WTA und der Internationale Tennisverband ITF sind, ist noch prestigeträchtiger angesehen.
Für die 1,55 m klein gewachsene, blondhaarige Powerfrau hat sich der Blick von ganz weit oben aber nicht geändert. «Das Gefühl ist nicht anders», sagt Allaster in einem Interview mit Radio Canada. «Aber ich bin mir der symbolischen Bedeutung meines Postens sehr bewusst.» Sie meint damit die Stärkung der Frauen, den Fortschritt der Gleichstellung. «Es ist ein Privileg und eine sehr wichtige Verantwortung für mich. Wann immer es Fortschritte in Sachen Frauen gibt, ist das ein Signal für die Hoffnung auf Erfolg.»
Eine Frau, ein Wort. Allaster trug in den letzten Jahren massgeblich zur gleichen Preisgeld-Ausschüttung an Grand Slams für Männer und Frauen bei. Dass sie nun die Queen im «Haus» von Billie Jean King – der ersten Frauenrechtlerin im Tenniszirkus – ist, sei ihr «eine ganz besondere Ehre». «Ich bin unglaublich stolz darauf, eine Frau zu sein und unseren Sport zu leiten», sagt sie. «Ich möchte Frauen dazu inspirieren, Vorurteile abzubauen.»
Rückzug aus Erschöpfung
Dass sie dennoch keine «Super Woman» ist, zeigte sich im Jahr 2015. Aus Gründen der Erschöpfung verliess Allaster die WTA, welche Sitze in London, Singapur, Peking und Florida hat. 150 Tage im Jahr war sie international unterwegs – das wurde der zweifachen Mutter zu viel. «Ich habe nicht auf mich aufgepasst. Es war eine Lektion. Wir Frauen fühlen uns schnell schuldig, müssen egoistischer sein.
Stacey dachte damals, nach 28 Jahren mit dem Tennis-Business durch zu sein. «Doch dann klopfte jemand an meine Tür», erzählt sie. Es war die USTA, die einen neuen CEO wollte – erstmals eine Frau. Weil der US-Verband über viel mehr Ressourcen verfügt als die WTA und Allaster das Reisen und vieles mehr delegieren konnte, sagte sie zu und kehrte knapp ein Jahr nach ihrem Rückzug auf die Tour zurück.
«Ein Glücksfall», finden Wegbegleiter der starken, kleinen Frau, die mit 12 begann, Tennis zu spielen, aber nie Profi wurde. Eugène Lapierre, amtierender Turnierdirektor des zwischen Montreal und Toronto alternierenden «Rogers Cup», schwärmt in den höchsten Tönen von seiner früheren Kollegin und Vorgängerin. «Sie war es, die nach dem Abgang unseres Hauptsponsors aus der Tabakbranche das Turnier rettete», so Lapierre. «Sie überzeugte Kanadas grössten Mobilfunkanbieter Rogers 2001 von einer Zusammenarbeit und sorgte für eine Win-win-Situation für alle Sponsoren. Sie hat eine Kultur entwickelt, um unsere Geschäftspartner glücklich zu machen.»
China erobert für die WTA
Allaster, die einen Universitätsabschluss und den Master in Wirtschaft besitzt, gibt zu, dass sie stolz ist darauf, dass Rogers auch 19 Jahre später noch immer im Spiel ist. Sie wolle keine Anerkennung, es sei ihr aber wichtig, dass alle Organisationen, für die sie gearbeitet habe, finanziell besser und solider dastehen, bevor sie sie verlässt.
Im gleichen Stil erhöhte sie zehn Jahre lang die Sichtbarkeit der WTA und entwickelte den asiatischen Markt erheblich mit. Und hinterliess ihre Spuren in der Förderung von jungen Spielerinnen. «Der Erfolg der kanadischen Athleten ist fantastisch», sagt Stacey in Anlehnung an den kometenhaften Aufstieg der 20-jährigen Bianca Andreescu (WTA 6). «Der Traum wird wahr.»
Für Richard Legendre, ein ehemaliger Direktor des Rogers Cup und früherer Kollege bei Tennis Canada, hat Allaster die perfekte Mischung zwischen entschlossenen Absichten und sanfter Umsetzung: «Sie ist beharrlich und kompetent, aber überhaupt nicht aggressiv.» Er bewundert, dass es eine Kanadierin an die Spitze der US-Meisterschaft geschafft hat. «Es gab fähige Kandidaten aus den USA, aber Stacey Allaster machte das Rennen. Hut ab!»
«Sie hat den sechsten Sinn»
Kaum im Amt, musste sie sich hartem Gegenwind stellen. Wild entschlossen, die US Open trotz Pandemie durchzuführen, stellte sie einen viel kritisierten Plan vor. Allaster bewies Ausdauer und Kreativität, setzte alles daran, dass dem lukrativen TV-Deal mit ESPN nichts im Wege steht sowie den teilnehmenden Spielerinnen und Spielern die grösst mögliche Sicherheit geboten wird. Allester schaffte es sogar, den anfänglich sehr kritischen Novak Djokovic umzustimmen und die Weltnummer 1 nach New York zu locken. «Nach allem, was in der Verbandspolitik, bei geopolitischen Fragen, mit dem Wetter und Terrorismus in den letzten Jahren passiert ist, habe ich praktisch im Krisenmanagement promoviert», sagt sie locker. «Ich fühle mich mehr als bereit.»
Ex-Kollege Legendre zweifelt keine Sekunde. «Es gibt keinen Experten für Sport und Corona. Aber sie ist die richtige Person dafür, sie hat den sechsten Sinn. In schwierigen Zeiten braucht es jemanden wie Stacey, der nichts geschenkt wurde.» Er spielt auf Allasters Kindheit an. Mit einer kranken Mutter, die ihren Beruf als Krankenschwester nicht voll ausüben konnte, wurstelte sie sich durch die jungen Jahre. Im Hause Allaster wohnten zuweilen bis zu sieben Studenten, damit zusätzliches Geld reinkam.
«Mum tat dies für uns Kinder – sie sagte, ich sei ein teures Kind», sagt Stacey und lacht. Um Tennis zu spielen oder Ski zu fahren, habe sie selbst Geld verdienen müssen. Sie habe Zeitungen ausgeliefert, rund 1500 Exemplare pro Woche, im Winter mit einem Schlitten, im Sommer mit einer Schubkarre. Mit 16 Jahren begann sie Tennis zu unterrichten und jobbte in einem Skigeschäft.
Die französische Sportzeitung «L’Equipe» zählt sie zu den «Top-10-Influencern im Tennis». Allaster lebt in St. Petersburg, Florida, mit ihrem Mann John Milkovich und den Kindern Jack und Alex. Sie lebt den amerikanischen Traum: vom Tellerwäscher zur Queen von New York. Als Kanadierin.
Stacey Allaster wurde vor 57 Jahren in Windsor, Ontario, geboren und wuchs in Welland, Ontario, auf. Nach dem College schloss sie 1985 ihr Wirtschafts-Studium an der Uni von Western Ontario ab, machte 2000 ihren Master in Business Administration. Nach ihren Stationen bei den Tennis-Verbänden in Ontario und auf nationaler Ebene in Kanada löste sie Larry Scott als CEO der Spielergewerkschaft WTA ab. Als Chairman der USTA und schliesslich ersten weiblichen Turnierdirektorin der US Open wurde Allaster vom «Tennis Magazine» zu den «Top-50-Helden des Tennis» gekürt. Die französische Sportzeitung «L'Equipe» zählt sie weltweit zu den «Top-10-Influencern im Tennis». Allaster lebt derzeit in St. Petersburg, Florida, mit ihrem Mann John Milkovich und den zwei aus Sibirien adoptierten Kindern Jack and Alex.
Stacey Allaster wurde vor 57 Jahren in Windsor, Ontario, geboren und wuchs in Welland, Ontario, auf. Nach dem College schloss sie 1985 ihr Wirtschafts-Studium an der Uni von Western Ontario ab, machte 2000 ihren Master in Business Administration. Nach ihren Stationen bei den Tennis-Verbänden in Ontario und auf nationaler Ebene in Kanada löste sie Larry Scott als CEO der Spielergewerkschaft WTA ab. Als Chairman der USTA und schliesslich ersten weiblichen Turnierdirektorin der US Open wurde Allaster vom «Tennis Magazine» zu den «Top-50-Helden des Tennis» gekürt. Die französische Sportzeitung «L'Equipe» zählt sie weltweit zu den «Top-10-Influencern im Tennis». Allaster lebt derzeit in St. Petersburg, Florida, mit ihrem Mann John Milkovich und den zwei aus Sibirien adoptierten Kindern Jack and Alex.