Boris Becker macht den GOAT-Check
Roger Federer ist grösser als Rafael Nadal

Boris Becker muss es wissen. Und wir glauben der deutschen Tennis-Legende gern, wenn er uns erklärt, warum er den Schweizer, trotz dem grossartigen Paris-Auftritt von Nadal, eine Nasenlänge vor dem Spanier sieht.
Publiziert: 14.10.2020 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2020 um 15:01 Uhr
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Boris Becker schaut ganz genau hin. Er vergleicht die Superstars Schlag für Schlag.
Foto: keystone-sda.ch

Die Antwort auf die Frage, welcher Tennis-Held der Grösste ist, der sogenannte GOAT (Greatest Of All Time), ist meistens auch eine emotionale Angelegenheit. Für die Schweizer ist es selbstverständlich der Maestro, Roger Federer. Für die Spanier ist es der Stier aus Manacor, Rafael Nadal. Nach der eindrücklichen Demonstration des Spaniers gegen Djokovic und dem Gewinn des 13. Titel in Roland Garros schrieb die Sportzeitung «Marca» auf der Titelseite. «Rafa, du bist der Grösste, den wir je sehen werden.»

Die deutsche Tennis-Legende Boris Becker geht für die englische Daily Mail diese GOAT-Frage ohne nationale Emotionen, dafür analytisch und sachlich an. Und dementsprechend hat sein grosser Vergleich zwischen Nadal und Federer wohl auch mehr Aussagekraft.

Vorhand: Nadal 10, Federer 9

Bei der Vorhand gibt Becker Nadal den Vorteil vor Federer. Wegen des extremen Griffs könne der Spanier so viel Spin erzeugen, dass der Gegner vor allem auf der Rückhand grösste Probleme bekommt. Federers Vorhand sei dagegen eher klassisch, flach, verheerend für die Gegner, aber nicht mit der monsterhaften Wirkung wie die Vorhand von Nadal.

Rückhand: Nadal 8, Federer 8

Bei der Rückhand gibt Becker beiden Spielern dieselbe Punktzahl. Federer, wieder eher klassisch unterwegs, einhändig, sackstark und gefährlich vor allem auf schnellem Belag. Nadal doppelhändig mit viel Spin und stark verbessert gegenüber früheren Zeiten. Becker denkt, dass diese Rückhand einer der Schlüssel gewesen sei bei Nadals überzeugendem Sieg gegen Djokovic in Paris. Der Slice von Federer sei aber besser als der von Nadal.

Volley: Federer 10, Nadal 9

Vorteil Federer. Denn Becker findet, dass die Koordination vom Auge mit der Hand so perfekt ist beim Schweizer, dass er mit seinem Volley so ziemlich alles machen kann, was er will. Auch Nadal habe ein fantastisches Auge, aber er fühle sich auf der Grundlinie wesentlich wohler, als am Netz.

Service: Federer 10, Nadal 9

Der Service von Federer, der aus einer sanften, scheinbar mühelosen Bewegung entsteht, sei unheimlich präzis und sehr schwierig zu lesen für den Gegner. Der grosse Vorteil sieht Becker darin, dass Federer auch über einen grossartigen zweiten Service verfüge. Nadal habe seinen Service, der ursprünglich eine Schwäche war, in den letzten zehn Jahren stark verbessert. Er habe seine Technik angepasst, um den Aufschlag abwechslungsreicher zu machen.

Beweglichkeit: Nadal 10, Federer 9

Roger sei offensichtlich nicht mehr ganz auf dem Niveau von vor zehn Jahren, aber immer noch unglaublich gut für sein Alter. Er bewege sich immer noch wie ein Tänzer und mache kleine, schnelle Schritte, um sich in die richtige Position zu bringen. Den Vorteil in der Beweglichkeit sieht Becker aber bei Nadal. «Für seine Grösse und die Masse an Muskeln, ist er unglaublich beweglich». Er habe gegen Djokovic die unmöglichsten Bälle aus den Ecken gefischt.

Allrounder: Nadal 10, Federer 10

Federer und Nadal können auf allen Unterlagen Grand Slams gewinnen. Federer habe einen Vorteil auf Gras, Nadal auf Sand. Aber beide können sich mühelos umstellen.

Killerinstinkt: Nadal 10, Federer 10

Nadal sehe man seine Verbissenheit, seinen unbedingten Willen immer an. Er sei, so Becker, wie ein offenes Buch. Federer sehe man das nicht so an. Aber der Schweizer habe denselben Killerinstinkt. Nur verstecke er diesen hinter einem Lächeln.

Langlebigkeit: Federer 10, Nadal 9

Federer, im August 39 geworden, steht noch immer an der Weltspitze und glaube fest daran, dass er noch einen Grand Slam gewinnen könne. Dafür gibt Becker dem Schweizer das Punktemaximum. Bei Nadal wisse man hingegen nicht so recht, wie es bei ihm aussehen wird, wenn er wie Federer 39 Jahre alt sein wird. Weil Nadals Spielstil intensiver sei und die Belastungen viel grösser. Der Spanier kompensiere das mit einem einwandfreien Lebensstil.

Popularität: Federer 10+, Nadal 10,

Boris Becker sagt, er habe Nadal mit 14 kennengelernt und der Spanier habe sich seitdem kaum verändert. Seine Demut und die respektvolle Art, wie er mit anderen umgeht, sei bewundernswert. Das würden auch die Menschen estimieren. Federer sei aber vielleicht noch eine Spur beliebter als Nadal. Er sei einer der grossen globalen Botschafter des Sports und vielleicht einer der berühmtesten Menschen der Welt, vergleichbar mit Muhammad Ali oder Michael Jordan.

Der siebenfache Grand-Slam-Sieger Becker, der heute Tennis-Experte für Eurosport ist, analysiert also einen hauchdünnen Sieg für Federer. Der frühere Trainer von Novak Djokovic verweist allerdings darauf, man solle den Serben nicht vergessen, der altersmässig einen Vorteil habe, da er fünf Jahre jünger ist als Federer und ein Jahr jünger als Nadal. Zudem stehe mit dem Australian Open Djokovics Lieblingsturnier als nächstes Grand-Slam-Turnier an. Down Under stand Djokovic bereits acht Mal zuoberst. (pam)

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