Staatsanwältin attackiert Becker
«Er hat einen schlechten Charakter!»

Der für zahlungsunfähig erklärte Boris Becker (52) soll Vermögenswerte unterschlagen haben. Die deutsche Tennis-Ikone plädiert auf unschuldig, während ihn die Staatsanwältin hart angreift.
Publiziert: 22.10.2020 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2021 um 09:45 Uhr
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Boris Becker muss in London vor dem Gericht antraben.
Foto: WireImage
Cécile Klotzbach und Emanuel Gisi

Nächster Hammer im Insolvenzverfahren gegen Boris Becker (52). Offenbar ist weiteres Datenmaterial aufgetaucht. Und das belastet die deutsche Tennis-Legende angeblich zusätzlich! «Es ist sehr wahrscheinlich, dass es noch weitere Bankkonten gibt», so Staatsanwältin Rebecca Chalkley in einer Anhörung in London. Gegen 500 neue Dokumente sollen vorliegen, die nun ausgewertet werden müssen.

Der Vorwurf: Becker soll seine Vermögenswerte nicht komplett offengelegt haben. Was Staatsanwältin Chalkley laut «Bild» zu einer heftigen Attacke veranlasst: «Er hat einen schlechten Charakter. Er hat zahlreiche Bankkonten, zieht gerne um – und ist unehrlich mit Geld.»

Der brutalste Moment des Tages vor Gericht. In der unangenehmen Insolvenz-Affäre sieht sich Becker am Donnerstag vor dem Southwark Crown Court in seiner Wahlheimat London abgesehen von der Unterstützung seines Anwalts Jonathan Caplan ziemlich allein. Und seine Position ist mit der Aussicht, im schlimmsten Fall bis zu sieben Jahren Haft verurteilt zu werden, doch eher schwach.

Becker plädiert auf «nicht schuldig»

Der 52-Jährige, der 2017 von einem britischen Gericht für zahlungsunfähig erklärt wurde, muss sich gegen Vorwürfe der britischen Insolvenzbehörde wehren. Brav sitzt er hinter einer Glasscheibe, beantwortet die Frage, ob es ihm gut gehe knapp mit «ja», nennt sein Geburtsdatum und plädiert daraufhin auf «nicht schuldig», in sämtlichen 19 Anklagepunkten.

Becker soll Bankkonten, Immobilien und andere Vermögenswerte im grossen Stil unterschlagen, grosse Geldsummen unter anderem auf Konten seiner früheren Lebensgefährtinnen Barbara und Lilly Becker überwiesen haben. Des weiteren wird dem dreimaligen Wimbledon-Sieger und sechsfachen Grand-Slam-Champion vorgeworfen, Pokale und Medaillen, darunter die Trophäe für seinen historischen ersten Wimbledon-Sieg 1985, vor dem Insolvenzverwalter verborgen zu haben. Im Sommer 2019 wurde ein grosser Teil, insgesamt 82 seiner Erinnerungsstücke an eine grossartige Karriere, in einer Online-Auktion zwangsversteigert.

Reisepass bei Anwälten deponiert

Der eigentliche Prozess beginnt erst am 13. September des kommenden Jahres. Heute geht es nur um prozessuale Details, bei denen Becker auch einen Antrag stellt, um die strengen Auflagen, denen er sich als zahlungsunfähige Person in Grossbritannien noch bis 2031 (!) unterwerfen muss, zu lockern. Das Gericht lehnt ab. Vor Reisen muss sich die Tennisikone der 80er Jahre bis auf Weiteres bei der Insolvenzbehörde melden und seinen Reisepass bei Anwälten hinterlegen.

Wie die deutsche Nachrichtenagentur SID berichtet, sagt Anwalt Caplan, sein Mandant sei «entschlossen, sich den Anklagen zu stellen, sie aber anzufechten und seinen Ruf im Zusammenhang mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfe wiederherzustellen».

Becker wird mit seinem angekündigten Verteidigungs-Feldzug vorerst Zeit schinden können und derweil seinem Job als gern- und angesehener Tennis-Analytiker weiter nachgehen – gerade verlängerte Eurosport die Zusammenarbeit bis 2023. Aber kann er sein angekratztes Image als finanziell gescheiterte deutsche Tennis-Ikone auf Dauer aufpolieren und sich gemäss seinem Masken-Motto «gestärkt» aus der Affäre ziehen? Sicher ist: Die Fortsetzung in der Causa Becker folgt.

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