Im August soll nach der langen Corona-Pause endlich wieder auf der Frauen- und Männer-Tour Tennis gespielt werden. Der Start der US Open ist für den 31. August geplant. Doch bei den Organisatoren dürfte sich allmählich Panik ausbreiten. Wer, ausser den Spielern, die den grosszügigen Grand-Slam-Zahltag dringend nötig haben, will derzeit schon in einen Corona-Hotspot reisen? Das US Open ohne Top-Stars – es wäre der einfachste Major-Titel seit Jahrzehnten! Die Spielergewerkschaft ATP soll die Profis deshalb in einer Videokonferenz vom Trip in die USA überzeugen wollen.
Nadal fokussiert sich auf French Open
Bei Rafael Nadal wohl kaum mit Erfolg. Die spanische Weltnummer 2 kündigte zuletzt ihre Teilnahme beim ATP-Turnier in Madrid an – natürlich als Vorbereitung für Paris, wo Nadal seinen 13. French-Open-Titel sichern will. Es wäre sein 20. Grand-Slam-Titel, womit er zu Roger Federer aufrücken würde, der wegen seiner zweiten Knie-OP sowieso den Rest der Saison fehlt.
Madrid beginnt am 14. September - einen Tag nach dem US-Open-Final. Rafas Onkel Toni Nadal liess bereits durchblicken, dass sein Neffe wohl nicht beide Titel in New York und Paris verteidigen könne. «Der Zeitplan ist unrealistisch, insbesondere für erfahrene Spieler, die nicht so viele Wochen nacheinander antreten können.»
Thiem: «Adria Tour war ein Fehler»
Dieser Meinung schloss sich auch der Weltranglisten-Dritte Dominic Thiem an: Es sei fast unmöglich, beide Major-Events erfolgreich zu bestreiten. «Das steht alles auf sehr wackligen Beinen», sagt der Österreicher, der letztes Jahr in Paris im Final stand, skeptisch. Thiem zeigt sich mittlerweile einsichtig, dass die viel kritisierte Adria-Tour von Novak Djokovic «natürlich ein Fehler gewesen» sei. «Dort war plötzlich wieder Normalität. Keiner hat Gesetze gebrochen, aber trotzdem haben wir ein bisschen den Bezug zur Realität verloren.»
Beim US Open sieht Thiem diese so: «Wenn gespielt wird, wird es für alle sicher sein. Wir werden in einer Riesen-Bubble sein.» Er meint die Blase zwischen Flughafen-Hotel und Turniergelände – Ausflüge an die «5th Avenue» sind tabu. Und die geplanten Quarantäne-Massnahmen stiessen vielen Spielern auf.
Vor allem Djokovic. Sollte es nach Flushing Meadows eine Quarantänepflicht geben, wird sich der vor drei Wochen positiv auf Corona getestete Serbe die Reise in die USA nicht antun. Wie viele andere wartet er deshalb weiterhin ab, wie sich die Rekord-Infektionszahlen und Reisebeschränkungen entwickeln.
Turnier kann nicht mittendrin abgebrochen werden
Noch sind viele Fragen offen, nicht einmal der ATP-Chef, Andrea Gaudenzi, wagt Prognosen. «Die nächsten beiden Wochen werden entscheidend sein», sagt der Italiener. Verglichen mit anderen Sportarten, sei Tennis aufgrund seiner globalen Struktur im Nachteil. «Wir müssen uns auch darauf einrichten, dass ein Turnier nicht einfach abgebrochen werden kann, wenn es einen positiven Test gibt. Vor allem, wenn wir uns bereits in der finalen Phase befinden.»
Das gleiche gilt natürlich für die Spielerinnen auf WTA-Seite. Simona Halep (WTA 2) sieht ihre Teilnahme «nicht in Stein gemeisselt», bevor sie entscheidet, will die Rumänin «erst sehen, wie sich die Situation entwickelt und was andere Spieler machen». Und auch Top-Spielerin Angelique Kerber äussert Bedenken. Typisch Deutsch spricht sie Klartext: «Stand heute möchte sich doch niemand in den Flieger setzen und nach New York fliegen!»