Auf einmal fühlte sich der Doppelmeter wie eine kleine Nummer. «Ich war am Ende der letzten Saison am Boden zerstört», gibt Ramon Zenhäusern zu. Tatsächlich schien sich plötzlich alles gegen den Vize-Olympiasieger von 2018 verschworen zu haben. Nach einer durch einen Trainingssturz erlittenen Schulterverletzung hatte sich der Walliser auch im Materialbereich komplett verzettelt. Deshalb war der Mann mit vier Weltcupsiegen plötzlich in der Startliste nur noch an 25. Stelle zu finden.
Und Experten wie der Deutsche Frank Wörndl (63, Slalom-Weltmeister 1987) wollten Zenhäusern deshalb bereits abschreiben. «Der Slalom entwickelt sich laufend weiter. Und ich habe nicht das Gefühl, dass sich Ramon noch einmal weiterentwickeln kann», sagte Wörndl vor elf Monaten zu Blick.
Doch jetzt hat der 2,02-Meter-Riese all seine Kritiker beim Nachtslalom in Schladming Lügen gestraft. Nach dem fünften Rang im ersten Durchgang lässt es der 30-Jährige im Finale richtig krachen und beendet das Rennen auf dem zweiten Rang. Zur Bestzeit von Frankreichs Olympiasieger Clément Noël fehlen Ramon lediglich sieben Hundertstel. «Aber nach der grauenhaften letzten Saison fühlt sich für mich auch der zweite Platz wie ein Sieg an. Zumal ich dieses Ergebnis auf einer Piste herausgefahren habe, auf der ich auch in meiner besten Zeit nicht so richtig in Schwung gekommen bin.»
Dass Zenhäusern wieder voll da ist, liegt auch am Servicemann, den er letzten Frühling von Henrik Kristoffersen übernahm. Sein Name: Philippe «Youle» Petitjean. «Youle arbeitet seit 30 Jahren für Rossignol und kennt daher jede Schraube in dieser Firma. Das ist für mich ein riesiger Vorteil!»
Unmittelbar nach Zenhäuserns Mega-Comeback meldet sich Wörndl bei Blick. «Ramon hat mich mit seiner Leistung als Experte richtig abgewatscht. Aber das nehme ich gerne in Kauf.»
Odermatt verzichtet auf Riesen-Start
Heute steht in Schladming ein Nacht-Riesenslalom auf dem Programm. Olympiasieger und Gesamtweltcup-Leader Marco Odermatt verzichtet nach seiner Meniskus-Quetschung von Kitzbühel auf einen Start. Der Nidwaldner sagt nach der Testfahrt am Vormittag: «Ich habe Fortschritte gemacht, fühle mich besser. Aber möchte heute noch nicht starten. Es ist eine Entscheidung des Kopfes und nicht des Herzens. »