Rücktrittsgedanken in Argentinien
Während der Spätsommer die Menschen in der Schweiz erfreut, kämpft Gut-Behrami in Argentinien – mit dem Wetter, mit den Pistenverhältnissen, mit sich. Ihr geht es nicht besonders gut. «Die Sonne kam nie raus. Es war feucht, wodurch ich Schmerzen in den Knien hatte. Da habe ich mich schon gefragt: Was mache ich hier? Macht das Sinn? Will ich das überhaupt noch?»
Zwei Wochen später, auf dem Gletscher in Zermatt VS, ist alles anders. Die Piste ist perfekt, die Sonne scheint. «Da habe ich wieder gespürt, welche Lust ich auf das Skifahren habe.» Zuletzt erklärte Gut-Behrami, dass sie künftig fürs Training nicht mehr nach Südamerika fliegen werden.
Gute Laune in Dübendorf ZH
Beim Abgabetag von Swiss-Ski wirkt Gut-Behrami locker, selbstbewusst, glücklich. Ein Vorbote dessen, was uns erwarten wird. Sie kündigt an: «Ich will von den Jahren, die noch vor mir stehen, profitieren. Und gewinnen.» Zu diesem Zeitpunkt geht kaum einer davon aus, dass damit auch der Gesamtweltcup gemeint sein könnte.
Sieg und offene Worte in Sölden
Auf dem Rettenbachferner beginnt Gut-Behramis Triumphzug. Zwei Hundertstel ist sie schneller als Federica Brignone (33, It). Was ist anders als vor zehn Jahren, als sie erstmals in Sölden gewann? «Ich fahre schneller Ski und bin hübscher», sagt sie in einer kleinen Journalistenrunde lachend. Tatsächlich sei sie nicht bei 100 Prozent, so die Tessinerin. «Ich habe meine Menstruation, bin müde und habe Rückenweh. Ich spüre das alles viel mehr als früher.»
Ski-Legende als Wahrsagerin
Erst zwei Rennen hat Gut-Behrami bestritten. Ja, sie hat beide gewonnen. Aber: Niemand geht davon aus, dass sie den Gesamtweltcup gewinnen kann. Wobei: Eine hat da schon eine Vorahnung. Ski-Legende Sonja Nef (51) meint: «Lara fährt für mich so gut wie noch nie. Bleibt sie gesund, kann sie nicht nur eine oder zwei kleine Kristallkugeln gewinnen, sondern auch die grosse.»
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Witz-Kritik in Kanada
Gut-Behrami redet Anfang Dezember nach dem Nebel-Blindflug in Mont Tremblant (Ka) nicht um den heissen Brei herum. «Es war ein Witz, man hat die Tore kaum gesehen. Im Mittelteil wusste ich nicht einmal, wo die Tore waren. Ich war kurz davor, zu stoppen. Es ist lächerlich, ein solches Rennen zu fahren», schimpft sie nach Platz 2 im SRF.
Schock und Schmerzen
Beim Super-G in Val d’Isère geschieht eine Seltenheit. Gut-Behrami scheidet tatsächlich aus. Ohne zu stürzen zwar, aber: «Ich kassierte einen Riesenstich», so Gut-Behrami. Die Folge? Kurz vor Silvester kann sie in Lienz (Ö) nicht mehr mit den Besten mithalten – Platz 6 im Riesenslalom. «Ich bin schon einige Jahre dabei – mein Knie beschwert sich halt ab und zu.»
Gut-Behrami verliert 4,49 Sekunden
Beim Riesenslalom in Jasna (Slk) spielt sich Verrücktes ab. Weil sich der Schnee in der Nacht vor dem Rennen komplett wandelt, stimmt bei vielen die Materialabstimmung überhaupt nicht mehr. Auch nicht bei Gut-Behrami. Sie verliert sagenhafte 4,49 Sekunden und wird Sechste. «Diese Abstände sind ja Wahnsinn. Das einzig Positive ist, dass ich heil nach Hause gehe», so Gut-Behrami. Sie hat im Gesamtweltcup 320 Punkte Rückstand auf Mikaela Shiffrin (29, USA).
Brandrede in Cortina
Sie fallen um, die schreien vor Schmerzen, sie landen im Spital. In Cortina (It) kommt es zu einem Sturz-Festival. Corinne Suter, Joana Hählen, Valérie Grenier, Shiffrin – auch die Besten verletzen sich zum Teil schwer. Gut-Behrami kommt gut durch, kritisiert aber die zunehmend hohe Belastung für die Fahrerinnen. «Irgendwann bist du schon am Start platt», sagt sie.
Hattrick ins Glück
Gut-Behrami gewinnt in Cortina, am Kronplatz (It) und in Soldeu (And) – nacheinander, wohlverstanden. Damit überholt sie die verletzte Shiffrin und liegt nun im Gesamtweltcup 5 Punkte vor dem US-Star. Was man zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiss: Die Führung wird sie nie mehr abgeben.
Trainer-Knall und Kugel-Glück
Zuerst die grosse Freude, dann die Wut. Gut-Behrami sichert sich beim Weltcupfinale die ersten zwei Kristallkugeln – sie gewinnt erstmals den Riesenslalom-Weltcup und zum zweiten Mal nach 2016 den Gesamtweltcup. Zwei Tage später erfährt sie, dass ihr Trainer Alejo Hervas (48, Sp) mit einem Wechsel zu den Männern liebäugelt, stellt ihn zur Rede und schickt ihn heim. «Für eine Zusammenarbeit braucht es gegenseitiges Vertrauen und Loyalität.
Wenn diese Basis nicht mehr da ist, muss man sich trennen», sagt sie. Ohne Hervas gewinnt Gut-Behrami noch die Super-G-Kugel, nicht aber jene in der Abfahrt. Es ist das Ende eines verrückten, turbulenten und fast perfekten Winters. «Nun freue ich mich auf die Ferien», sagt sie.