Sie ist und bleibt die Beste. Auch wenn sie die Abfahrts-Kugel im letzten Rennen verspielt. Lara Gut-Behrami (32) gewinnt drei Kristallkugeln. Weil ihre härtesten Gegnerinnen – Shiffrin, Vlhova und Goggia – lange ausfielen? Nein. Weil sie sich ihren Triumph verdient hat. 8 Siege und 16 Podestplätze sind schlicht bärenstark. Und: Besonders im Skirennsport ist die Qualität, gesund und fit durch einen Winter zu kommen, entscheidend. Das hat Gut-Behrami geschafft.
Womit wir beim zweiten Punkt wären: der menschlichen Wandlung Gut-Behramis. «Früher wollte ich gewinnen, jetzt will ich leben», erzählte sie in Saalbach. Dieser Genuss ist ihr auf der Zielgeraden ihrer Karriere zu gönnen.
Grosse Unterschiede zu Marco Odermatt
Gleichzeitig ist der Unterschied zu Marco Odermatt (26), dem Posterboy des Schweizer Skirennsports, nach wie vor riesig. Eloquent sind beide, gescheit sowieso – nur stellt Gut-Behrami das öffentlich seltener zur Schau. Am liebsten behält sie die Emotionen für sich und ihre Liebsten. Auf grössere Interviews verzichtet Gut-Behrami schon lange, zwischen Riesenslalom-Läufen spricht sie nicht, auf Nachfragen reagiert sie zuweilen schmallippig oder gar schroff.
Gut-Behrami muss nicht der Liebling der Massen sein. Sie ist, wie sie ist. Statt etwas vorzuspielen, sagt sie, was sie denkt. Das machen nicht viele. In Erinnerung bleibt ihre Auslegeordnung nach dem Sturz-Festival in Cortina: Sie hinterfragte alles – die FIS, die Verbände und auch sich selbst. Und nun, nach dem bitteren Verpassen der Abfahrts-Kugel, sucht sie keine Ausreden.
Der Fall Hervas zeigt: Gut-Behrami ist knallhart
Gut-Behrami hat sich gewandelt. Aber nicht überall. Was geblieben ist: Sie ist knallhart – zu sich, aber auch zu anderen. Das bekam in Saalbach auch ihr Coach Alejo Hervas zu spüren, den sie nach einem Vertrauensbruch sofort nach Hause schickte. Es ist auch diese Kompromisslosigkeit, die sie dahin gebracht hat, wo sie mit fast 33 Jahren ist: auf den Ski-Thron.
Diese Leistung gilt es zu würdigen – egal, ob man Gut-Behrami mag oder nicht. Gleichzeitig hat es Swiss-Ski geschafft, sie so zu unterstützen, dass sie ihre beste Leistung zeigen kann und nicht aufmuckt. Auch das darf nicht vergessen werden.