Es ist 7.42 Uhr, als Lara Gut-Behrami (32) vom Starthaus in die Tiefe blickt. Drei Minuten muss sie sich noch gedulden, dann darf sie mit der Besichtigung beginnen. Irgendwann schiebt sich Federica Brignone (33, It) neben sie, beide tauschen einige Worte aus und lachen. Dann ist Gut-Behrami wieder im Tunnel. «Ich wollte diese Chance packen», erzählt sie vier Stunden später. Das gelingt, sie wird Siebte und gewinnt die Super-G-Kristallkugel.
Gut-Behramis Triumph wird von einem Kapitel begleitet, auf das sie laut eigener Aussage lieber verzichtet hätte – den Eklat mit ihrem Kondi-Trainer Alejo Hervas (48). «Für eine Zusammenarbeit braucht es gegenseitiges Vertrauen und Loyalität. Wenn diese Basis nicht mehr da ist, muss man sich trennen», sagt sie.
Mehr zu Gut-Behrami
Doch was ist passiert? Rückblick: Am Dienstag bekommt Gut-Behrami Wind davon, dass Hervas offenbar gewillt ist, zu den Schweizer Männern zu wechseln. Sie stellt den Spanier, den alle auch wegen seiner Sozialkompetenz loben, zur Rede. Hervas sucht keine Ausreden, sondern bestätigt seine Absicht. Gut-Behrami ist so wütend, dass sie ihn sofort nach Hause schickt.
«Er hat immer betont, wie stolz er sei»
«Ich habe mich letztes Wochenende auf die Rennen fokussiert. Es ging schliesslich um die Kristallkugeln. Danach habe ich erfahren, dass er hintenrum bereits Abmachungen gemacht hat», erzählt Gut-Behrami.
Was sie besonders ärgert: Hervas hatte im Ende Oktober, nach ihrem ersten Saisonsieg in Sölden (Ö), gegenüber Blick erklärt: «Wir haben eine Abmachung. Ich begleite sie bis zu ihrem Karriereende.»
Obwohl Gut-Behrami schon seit einigen Jahren betont, keine Zeitungs- und Online-Berichte über sich zu lesen, bekam sie Hervas’ Treueschwur mit. «Er hat öffentlich gesagt, dass er bis zum Ende weitermachen würde. Und mir gegenüber immer wieder betont, wie stolz er auf unsere Arbeit sei. Und dann, ohne mir etwas zu sagen, andere Abmachungen gemacht», so Gut-Behrami.
Gut-Behrami lobt Frauen-Team
Nach fünf Jahren trennen sich die Wege der beiden also Knall auf Fall. Die Folge? Hervas sieht von zu Hause in Sevilla (Sp) zu, wie Gut-Behrami in Saalbach die dritte von vier möglichen Kristallkugeln holt. Reden will er nicht, bedankt sich aber für die Anfrage.
Und Gut-Behrami? Sie muss einen neuen Trainer finden. Und auch eine neue Bezugsperson? «Naja, mein Vater war immer meine Bezugsperson. Ich schätze aber auch das ganze Frauen-Team um mich herum, das mich unglaublich unterstützt. Das Ganze ist kein Weltuntergang.»
WM 2025 ja, Olympia 2026 nein
Entgegen einiger Spekulationen wird Gut-Behrami nicht zurücktreten. «Ich mache noch ein Jahr», versichert die 45-fache Weltcupsiegerin. Sie spricht bereits davon, in der Vorbereitung vermehrt auf solch sulzigem, gesalzenen Schnee, wie er derzeit in Saalbach (Ö) zu finden ist, zu trainieren. «Das sind nicht meine Verhältnisse, da will ich mich noch verbessern. Schliesslich könnten wir bei der WM im Februar auch solchen Schnee haben.»
Und was ist mit den Olympischen Spielen 2026? Da winkt Gut-Behrami ab: «Eine Olympia-Vorbereitung ist nicht einfach. Da baut sich über Monate Stress und Druck auf – das will ich nicht mehr.»