So geht Justin Murisier bei seinem Hobby ab
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Riesenslalom-Spezialist:So geht Justin Murisier bei seinem Hobby ab

Unsere Riesen-Hoffnung Justin Murisier
Welches Gesicht zeigt er heute?

Die lustigen Corona-Schutzmasken sind das Markenzeichen von Justin Murisier (29). Sein wahres Gesicht ist dagegen sehr viel ernster. Der Unterwalliser geht keinem Konflikt aus dem Weg.
Publiziert: 24.10.2021 um 08:22 Uhr
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Aktualisiert: 24.10.2021 um 09:27 Uhr
  • Wegen Alkohol wurde er einst für sechs Rennen gesperrt
  • Er hatte einen heftigen Krach mit Cheftrainer Stauffer
  • Der traurige Hintergrund seines Töffs
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In seiner Freizeit ist Murisier leidenschaftlicher Töfffahrer.
Foto: Sven Thomann
Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Alta Badia im vergangenen Dezember: Die Stimmung im Schweizer Team-Hotel «Col Alto» ist hochexplosiv. Justin Murisier liefert sich einen verbalen Schlagabtausch mit seinem Cheftrainer Tom Stauffer. Der Riesenslalom-Spezialist aus dem Val de Bagnes fühlt sich ungerecht behandelt, weil ihm sein Übungsleiter kurzfristig keine Startgelegenheit bei einem Weltcup-Super-G in Aussicht stellt.

Murisier klopft auf den Tisch und packt alle Argumente aus, die für seinen Einsatz im Speed-Bereich sprechen. Doch Stauffer bleibt hart. «Fahr du jetzt erst einmal einen Podestplatz im Riesenslalom heraus», entgegnet der Berner Oberländer seinem aufbrausenden Schützling staubtrocken.

«In diesem Moment hat mein Körper vor lauter Wut gezittert», gesteht Justin später. Am Tag danach verwandelt der gelernte Forstwart seinen Groll in einen echten Riesen-Hit. Murisier fährt beim Riesenslalom in Alta Badia auf den dritten Rang und feiert damit seinen ersten Podestplatz im Weltcup!

«Wenn mir etwas nicht passt ...»

Zur Belohnung wird der 29-Jährige ein paar Monate später dann tatsächlich vom Cheftrainer im Super-G eingesetzt – und wird in Saalbach starker Fünfter. Konflikte hat es zwischen ihm und seinen sportlichen Leitern aber auch in der Vorbereitung auf diesen Winter einige gegeben. «Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich das meinem Gegenüber halt immer schonungslos ins Gesicht. Damit können leider nicht immer alle so gut umgehen.»

Es sind zwei Walliser Alpin-Legenden, die Murisier geprägt haben. William Besse, der 1994 am Lauberhorn seinen grössten Abfahrts-Triumph einfuhr, ist sein Coucousin. Und Steve Locher, der sich 1993 in Alta Badia in einem heroischen Zweikampf gegen Italiens Nationalheld Alberto Tomba durchsetzen konnte, war als Freund der Familie Murisier auch Justins Jugendtrainer.

«In der heutigen Zeit würden wahrscheinlich viele Eltern behaupten, dass Steve mit Jugendlichen zu hart umgeht. Aber für mich waren seine Methoden genau richtig», ist Murisier überzeugt. «Ich werde die Strafe nie vergessen, die uns Steve aufgebrummt hat, nachdem wir während eines Trainings-Camps in Zermatt am Abend fünf Minuten zu spät ins Hotel gekommen sind. Am nächsten Tag hat er uns nach dem Training die Skiliftkarte entzogen, und wir mussten vom trockenen Steg ins Dorf laufen. Mit der Skiausrüstung dauert dieser Marsch ungefähr zweieinhalb Stunden.»

Zu Ehren von Jason Dupasquier

Noch viel drastischer geht Locher mit Murisier im Februar 2009 ins Gericht. «Ich habe bei der Jugend-Olympiade in Polen Slalom-Gold gewonnen, und nach meiner Heimkehr ins Wallis habe ich diese Medaille an der Fasnacht bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Ich wollte dann direkt vom Ausgang an den Start von einem Swiss-Cup-Rennen gehen. Dummerweise hat Steve Locher bei der Übergabe der Startnummer gemerkt, dass ich stark nach Alkohol rieche. Er hat mich deshalb für sechs Rennen gesperrt!»

Mittlerweile verzichtet der Mann während der Wettkampf-Saison strikt auf Alkohol und schwört auf glutenfreie Ernährung. Ein Laster gönnt sich der eingefleischte Valentino-Rossi-Fan aber nach wie vor. Murisier führt verwegene Dinge mit seinem Enduro-Töff auf. Im letzten Sommer hat er in Rumänien mit seiner KTM bei einem der brutalsten Enduro-Offroad-Rennen der Welt den achten Schlussrang belegt.

Murisier verknüpft mit seinem Töff aber auch eine traurige Geschichte. «Dass ich jedes Jahr von KTM eine Maschine erhalte, verdanke ich auch Philippe Dupasquier, der bei dieser Firma als Area Sales Manager tätig ist. Philippe ist der Vater von Jason Dupasquier, der im Frühling beim Moto3-GP in Frankreich tödlich verunglückt ist. Ich bin Jason ein paar Mal begegnet. Sein Unfall ist mir entsprechend nah gegangen.»

Murisier wird deshalb heute beim Weltcup-Auftakt in Sölden auch zu Ehren von Jason Duqasquier Vollgas geben.

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