So lief das Golf-Duell zwischen Odermatt und Niederreiter
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Cracks wechseln die Sportart:So lief das Golf-Duell zwischen Odermatt und Niederreiter

Marco Odermatt über seinen traurigsten Triumph im letzten Winter
«Während ich siegte, starb mein Freund in der Lawine»

Als Zweiter im Gesamtweltcup ist der letzte Winter für Marco Odermatt fast perfekt verlaufen. Im Interview spricht der Nidwaldner nun aber erstmals öffentlich über eine schreckliche Nachricht, die ihn in der Stunde seines ersten Riesen-Triumphs erreicht hat.
Publiziert: 17.10.2021 um 00:32 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2021 um 09:56 Uhr
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Im letzten Dezember hat Marco Odermatt im italienischen Santa Caterina seinen ersten Weltcupsieg im Riesenslalom eingefahren.
Foto: AFP
Marcel W. Perren (Interview) und Sven Thomann (Fotos)

Marco, auf einer Skala von 1 bis 10 – wie beziffern Sie Ihren Formstand wenige Tage vor dem Weltcupauftakt in Sölden?
Marco Odermatt: Mit 9,9!

Welche Kleinigkeit fehlt ihnen noch zur absoluten Topform?
Ich habe nur deshalb nicht zehn gesagt, damit es nicht zu arrogant rüberkommt (lacht). Ernsthaft: Wir konnten im Herbst drei Wochen aufgrund des schlechten Wetters nicht Ski fahren. Weil wir zuvor viele absolute Top-Ski-Tage hatten, sind wir trotzdem gut im Plan. Es tut mir auch nichts weh. Mein mehrfach operiertes Knie hat lediglich nach dem ersten Skikurs im Juli leicht geschmerzt.

Im letzten Winter ging aus helvetischer Sicht ein einziger Riesenslalom komplett in die Hosen – ausgerechnet bei der WM. In Cortina sind bereits im ersten Lauf drei von vier Schweizern ausgeschieden. Die Analyse ergab, dass der Kurs entgegen der Schweizer Stärken stark drehend und besonders langsam gesetzt war. Konnte dieses Defizit ausgemerzt werden?
Es ist tatsächlich so, dass in unserer Mannschaft eigentlich jeder die schneller gesteckten Läufe bevorzugt hat. Deshalb haben wir in der Vorbereitung auf diesen Winter früh in stark drehenden, langsameren Kursen trainiert. Aber in Cortina war mein Problem nicht nur die Kurssetzung. Die Piste hat dort eine partielle Eis-Variante beinhaltet, wie wir sie zuvor noch nie erlebt hatten. Für diese Verhältnisse hatte ich zu wenig Grip.

Im Sommer hatten sie abseits der Skipiste zwei besondere Dates mit namhaften Sportlern. Was haben Sie mehr genossen: Die Golfrunde mit Nino Niederreiter in Nuolen oder das Vollgas-Abenteuer mit dem Tourenwagen von Formel-1-Legende David Coulthard auf dem Red-Bull-Ring in Zeltweg?
Beim Golf musste ich mich mehr aufregen. Nicht wegen Nino, der wirklich ein sehr cooler Typ ist. Aber im Vergleich mit ihm habe ich viel zu unkonstant gespielt. Bei der Fahrt mit Coulthard konnte ich nichts falschmachen, weil er ja am Steuer war. Das war wirklich ein sehr eindrückliches Erlebnis. Ich war als Beifahrer ein paar Mal total am Anschlag.

Warum?
Es fing damit an, dass ich am Abend davor nicht bereits um 22 Uhr ins Bett gegangen war. Wir feierten ein paar Stunden in die Nacht, tranken zwei, drei Bierchen. Nach dieser langen Nacht stieg ich dann ziemlich früh am Morgen bei Coulthard in den Rennwagen. Unter diesen Voraussetzungen sind mir die extremen Kräfte besonders eingefahren.

Mussten Sie sich übergeben?
Nein, nein, bei weitem nicht. Ich war aber auch nicht böse, dass es nach drei, vier Runden vorbei war. Die hohe Beschleunigung bin ich mir als Skirennfahrer zwar gewohnt, aber die gigantische Bremswirkung war für mich total neu. Auf Nidwaldnerisch gesagt: «Äs het extrem girpschet.» Wenn wir auf eine Kurve zufuhren, dachte ich mir: «Wann bremst er endlich?» Bevor er gebremst hat, hat er noch einmal einen Gang höher geschaltet ... Ich war mir sicher, dass man diesen Kurs nicht viel schneller meistern kann. Am nächsten Tag waren die Formel-1-Boliden aber rund 30 Sekunden schneller als wir.

Frankreichs Abfahrtslegende Luc Alphand triumphierte knapp zehn Jahre nach seinem Gesamtweltcupsieg 1996/97 bei Paris–Dakar. Könnten Sie sich vorstellen, nach Ihrer Skikarriere selber das Lenkrad eines Rennautos in die Hand zu nehmen?
(Lacht) Kürzlich habe ich mich ganz souverän gegen Skikollege Gino Caviezel im Go-Kart-Duell durchgesetzt. Aber eine Laufbahn im Motorsport ist kein Thema für mich. Dazu habe ich zu wenig Benzin im Blut und bin auch zu wenig gut am Steuer.

Halten Sie sich bei Ihren Dienstreisen im Auto ans Tempolimit?
Den Ausweis musste ich jedenfalls noch nie abgeben. Die höchste Busse, die ich für Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten habe, war 200 Franken. Ärgerlich, aber kann mal passieren.

Viele Schweizer ärgerten sich im letzten Sommer, weil die Stars der Fussball-Nati mit ihren Luxus-Schlitten ins EM-Camp eingerückt sind. Wie denken Sie darüber?
Diese Diskussion hat mich etwas genervt! Ich stehe auf der Seite der Spieler. Wenn du fünf Millionen im Jahr verdienst, kaufst du vermutlich eher keinen PW für 10 000 Stutz. Dass die Lohnsummen jenseits sind, ist ja schon klar. Aber es gibt nun einmal Vereinsbesitzer, die diese hohen Löhne in gewissen Ligen bezahlen. Ich habe mich während der Euro auch darüber aufgeregt, wie schnell die Leute ihre Meinung um 180 Grad ändern: Nach den Spielen gegen Wales und Italien waren die Nati-Spieler die grössten «Tublä», nach den Matches gegen die Türkei und Frankreich die «geilsten Siechä».

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Sie haben in der Vergangenheit Shaqiri, Xhaka & Co. getadelt, weil Sie im Gegensatz zu Ihnen die Schweizer Hymne nicht singen.
Nicht getadelt, das steht mir nicht zu. Ich singe für meinen Teil einfach die Nationalhymne gern und mit Inbrunst laut und falsch! Und beim letzten Kilchberg-Schwinget habe ich schmunzelnd bemerkt, dass es da nicht nur bei unseren Fussballern hapert. Dort wurde vor dem Anschwingen die Hymne gespielt, die meisten der 6000 Zuschauer haben nur ein bisschen mitgebrummt. Aber ich betone: Es war auch ohne laute Nationalhymne ein wunderbares Fest! Ich hatte beim Einmarsch und beim Anschwingen Gänsehaut!

Routinierte Teamkollegen wie Carlo Janka schätzen an Ihnen, dass sie auch bei brisanten Themen immer Klartext reden. Haben sie gewisse Aussagen auch schon bereut?
Die Kritik, die ich beim Weltcupfinale auf der Lenzerheide geäussert habe, würde ich jetzt etwas anders formulieren.

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Wie denn?
Als ich mich nach dem Riesenslalom negativ über den Zustand der Piste äusserte, ist bei vielen der Eindruck entstanden, dass ich die enorm fleissigen Streckenarbeiter, die aufgrund der starken Schneefälle nächtelang geschaufelt haben, kritisiert hätte. Diese Leute wollte ich nicht attackieren, die haben ein Topjob gemacht. Aber ich bleibe dabei, dass in den Wochen zuvor bei der Grundpräparation nicht das Maximum herausgeholt wurde. Das ist sehr schade: Lara Gut und ich hätten bei regulären Bedingungen zumindest eine 50:50-Chance auf den Sieg im Gesamtweltcup gehabt. Und dann hat der OK-Präsident auch noch behauptet, dass sie bereits im Dezember rennbereit gewesen waren.

Sie haben aber schon vor dem Weltcupfinal schlechte Erfahrungen auf der Lenzerheide gemacht.
Ja. Als wir uns unmittelbar nach der WM auf der Lenzerheide für die Weltcuprennen in Bansko vorbereiten wollten, mussten wir unverrichteter Dinge abreisen, weil die Piste absolut unfahrbar beziehungsweise zu gefährlich war. Dabei wäre es für mich nach der missglückten WM besonders wichtig gewesen, noch einmal auf gewässerter oder zumindest kompakter Piste zu trainieren.

Apropos wichtige Lektionen: Was sagen Ihnen die Namen Frau Zürcher, Frau Mölders, Frau Kaiser und Frau Arnold?
Ich habe alle Namen schon einmal gehört, aber kann spontan keinen Zusammenhang mit mir erkennen.

Diese Damen waren teilweise Ihre Lehrerinnen in den ersten Schulklassen in Buochs!
Ah, jetzt machts Klick! Meine Hauptlehrerin war damals in der fünften und sechsten Klasse Frau Infanger, die anderen Damen haben Spezialfächer wie Musik, Pädagogik oder Religion unterrichtet.

Als Sie von ihrer Hauptlehrerin in der sechsten Klasse den Auftrag erhalten haben, Ihre Lehrerinnen zu benoten, haben Sie Frau Z. eine schlechte Bewertung ausgestellt. Zitat: «Zu ihr bin ich am wenigsten gerne in die Schule gegangen, weil sie manchmal unfair war. In welcher Situation fühlten Sie sich besonders unfair behandelt?
Ich kann mich an keinen Vorfall mehr erinnern, also kann es nicht so schlimm gewesen sein. Ich weiss aber, dass ich insgesamt ein braver Schüler war, der mit verhältnismässig geringem Aufwand gelernt hat.

Sie haben Anfang Dezember einen Jugendfreund aus der JO-Zeit verloren. Er wurde am Tag, als sie in Santa Catarina ihren ersten Weltcup-Riesenslalom gewinnen konnten, während dem Freeriden von einer Lawine verschüttet.
An diesem Tag habe ich brutale Gefühlsschwankungen erlebt. Nach meinem erste Riesen-Sieg war ich im absoluten Hoch. Auf der Heimfahrt mit meinem Servicemann Chris habe ich am Telefon erste Gerüchte gehört, dass Freunde von mir in ein Lawinenunglück verwickelt sein könnten. Um Genaueres zu erfahren, habe ich einen Kollegen angerufen, bei dem ich vermutete, dass er dabei gewesen ist. Und tatsächlich: Dieser Kumpel wurde selbst von der Lawine verschüttet, konnte sich aber ohne grössere Verletzung befreien. Das habe ich aber erst später erfahren. Er hat am Telefon kein Wort von sich erzählt. Er hat mir dann aber mitgeteilt, dass ein anderer Kollege gestorben ist. In diesem Moment brach für mich eine Welt zusammen, die Nachricht hat mich blitzartig von meinem emotionalen Höhenflug heruntergeholt. Auf einen Schlag hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass ich jetzt der Coolste bin, weil ich ein Weltcuprennen gewonnen habe. Das war ganz schnell vergessen.

Zu einem anderen leidigen Thema, das den Namen Corona trägt. Stimmt es, dass Sie seit dem Ausbruch der Pandemie Ihre Abwehrkräfte jeden Abend mit einem Schluck Schnaps stärken?
Nicht ganz. Als der Corona-Hype im März 2020 so richtig anfing, teilte ich mit Teamkollege Tommi Tumler das Zimmer. Wir glaubten, dass wir das Virus mit einem kräftigen Schluck Whiskey vor dem Schlafengehen in Schach halten können. Das hat gut funktioniert. Bis ich im letzten November positiv auf Corona getestet wurde. Wir haben wie so viele Menschen dazugelernt.

Sind Sie jetzt geimpft?
Bis jetzt habe ich einen Stich erhalten. Weil man für die Rennen in Lake Louise auch als Genesener einen zweiten benötigt, werde ich diesen nach Sölden erhalten.

Verraten Sie uns zum Abschluss noch Ihr Lieblingswort auf Nidwaldnerisch?
Heiselipapeirfleiger. (Flieger aus Papier mit Häuschen)

Sven Thomann
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