Auf einen Blick
- Ski-Expertin Tina Weirather glaubt an eine erfolgreiche Saison von Lara Gut-Behrami
- Sie sieht Shiffrin als ihre grösste Konkurrentin um den Gesamtweltcup.
- Vor kurzem lief Weirather im Bademantel und Skimontur durch Zürich
Blick: Vor dem Saisonauftakt in Sölden drehen alle durch. Warum eigentlich?
Tina Weirather: Durchdrehen vielleicht nicht, aber die Spannung vor dem ersten Rennen ist enorm. Nach monatelanger Arbeit im stillen Kämmerli und ohne Publikum auf Schnee steht man plötzlich wieder im Rampenlicht. Alle Medien sind dort, viele Fans. Vom Training hat man eine grobe Vorstellung, wie die Form ist. Aber kann ich im Rennen liefern? Werden die Bedingungen so sein, wie wir es trainiert haben? Da sind viele Fragen, die für Anspannung sorgen.
Wer sind die Sölden-Spezialistinnen – und warum?
Lara Gut-Behrami, Federica Brignone und Mikaela Shiffrin. Lara und Federica standen in Sölden jeweils viermal auf dem Podest. Beide sind unerschrocken und lassen sich von der vorhin beschriebenen Anspannung nicht aus dem Konzept bringen. Shiffrin hat sogar sechs Podestplätze in Sölden, aber sie ist oft zu Saisonbeginn eher angreifbar. Nach Weihnachten hat sie in der Vergangenheit noch einen Gang zugelegt und war fast nicht mehr zu schlagen.
Gewinnt Gut-Behrami den Gesamtweltcup erneut?
Lara hatte letzte Saison unglaublich starke Phasen. Wenn sie diese Leistungen heuer durchgehend zeigen kann, kann sie es wieder schaffen. Ihre Hauptkonkurrentin ist Shiffrin. Sollte sie diesmal keine Rennen verpassen und so fahren, wie man sie kennt, wird es für alle anderen schwierig. Dass Shiffrin diese Saison keine Abfahrten bestreiten wird, könnte das Feld etwas öffnen. Allerdings hat sie dann immer noch drei Disziplinen, in denen sie in jedem Rennen zu den Topfavoritinnen gehört, also gleich viele wie Gut-Behrami.
Tina Weirather (35) ist die Tochter der Ski-Legenden Harti Weirather (66) und Hanni Wenzel (67). Obwohl von vielen Knieverletzungen geplagt, gewann sie zweimal den Super-G-Weltcup (2017 und 2018) und insgesamt neun Weltcuprennen, dazu holte sie WM-Silber (2017) und Olympia-Bronze (2018) – immer im Super-G. Im März 2020 trat sie zurück und begann schon bald als Ski-Expertin beim SRF. Weirather macht zudem mit Ex-Technik-Ass Marc Berthod und Comedy-Autor Michel Schweizer den wöchentlichen Ski-Podcast «Podcast am Pistenrand». Weirather lebt mit ihrem Ehemann Fabio in Vaduz. Im Januar 2024 wurden sie Eltern des kleinen Lio.
Tina Weirather (35) ist die Tochter der Ski-Legenden Harti Weirather (66) und Hanni Wenzel (67). Obwohl von vielen Knieverletzungen geplagt, gewann sie zweimal den Super-G-Weltcup (2017 und 2018) und insgesamt neun Weltcuprennen, dazu holte sie WM-Silber (2017) und Olympia-Bronze (2018) – immer im Super-G. Im März 2020 trat sie zurück und begann schon bald als Ski-Expertin beim SRF. Weirather macht zudem mit Ex-Technik-Ass Marc Berthod und Comedy-Autor Michel Schweizer den wöchentlichen Ski-Podcast «Podcast am Pistenrand». Weirather lebt mit ihrem Ehemann Fabio in Vaduz. Im Januar 2024 wurden sie Eltern des kleinen Lio.
Macht Shiffrin die 100 in diesem Winter voll?
Darauf würde ich schon etwas wetten, aber die Quote ist wahrscheinlich schlecht. Es fehlen ja nur noch 3 Siege, und das hat sie seit 2013 immer geschafft. Ich glaube nicht, dass es bei ihr eine grosse Unbekannte gibt. Ihr Knie ist verheilt, sie hat gut trainiert – und dass sie trotz der Unmengen an Siegen immer noch hungrig ist, beweist sie auch schon lange.
Bei welcher Fahrerin haben Sie beim Zuschauen fast schon Angst?
Angst nicht direkt, aber bei Sofia Goggia sitze ich schon immer ganz vorne auf der Stuhlkante. Sie kann extrem viel Energie aufbauen, das macht sie schnell. Wenn sich die Energie aber im falschen Moment entlädt, wird es brenzlig. Sofia hat sich schon viermal in der gleichen Phase der Saison verletzt: von Ende Januar bis Anfang Februar. Das ist eine mentale Herausforderung, vor allem, wenn es Richtung WM in Saalbach geht.
Welche Schweizerin wird uns überraschen?
Wenn ich das jetzt sage, ist es ja keine Überraschung mehr! Über die jungen Athletinnen möchte ich nichts sagen, um keinen Druck aufzubauen. Ich denke, dass Wendy Holdener uns überraschen wird. Logisch, Wendy ist immer ein Garant für Erfolg, aber wenn sie jetzt nach der Verletzung und dem Verlust ihres Bruders zurückkommt und gewinnt, ist das nochmals eine andere Hausnummer.
Sie analysieren für SRF wie gewohnt die Frauenrennen. Auf welches freuen Sie sich besonders?
Auf St. Moritz, die einzigen Heimrennen des Winters. Es wird sicher wunderschön, gerade zur Weihnachtszeit. Und ich freue mich auf die WM in Saalbach – das wird ein Riesenspektakel.
Holdener, Joana Hählen, Aline Danioth, Corinne Suter und Jasmine Flury streben ihr Comeback an. Was erwarten Sie von ihnen?
Man muss jede dieser Athletinnen einzeln betrachten, denn hinter jeder steckt eine andere Geschichte, ein anderes Schicksal. Einige sind schon wieder nahe an ihrer Topform, wie Wendy und Joana. Andere, wie Corinne, kämpfen noch mit Höhen und Tiefen. Aline war so lange weg, dass man ihr auch startnummerntechnisch etwas Zeit geben muss, um sich wieder voll einzufinden. Und Jasmine wird ebenfalls noch Geduld brauchen, bis sie wieder komplett zurück ist.
Wo würden Sie gerne nochmals in Renntempo runterfahren, wenn Sie könnten?
Nirgends, ich war zu wenig im Kraftraum (lacht). Aber wenn ich im Strumpf wäre, würde ich gerne noch einmal in Beaver Creek fahren. Die Strecke war leider viel zu selten im Weltcupkalender, dabei ist sie richtig cool: steil, anspruchsvoll und doch fühlt es sich fantastisch an, wenn man die Linie und die Wellen perfekt trifft.
Man hat Sie kürzlich mitten in der Stadt Zürich im Bademantel und Skimontur gesichtet – was hatte es damit auf sich?
Das war bei der «Podcast am Pistenrand»-Opening-Party. Wir hatten vor dem Livepodcast mit Party einen Treffpunkt beim Landesmuseum bekannt gegeben – für alle Verrückten, die in Skimontur durch Zürich laufen wollen. Ich hatte bei den Snacks und Drinks mit etwa 50 Leuten gerechnet. Als dann weit über 100 Leute aufgetaucht sind, war mein Bollerwagen ratzfatz leer. Sorry dafür! Nach dem Umzug ging es weiter mit dem Livepodcast, der als erste Folge am 22. Oktober veröffentlicht wird. Und dann gibt es den ganzen Winter über wie gewohnt jeden Dienstag um 17.00 Uhr eine neue Folge. Ich freue mich sehr darauf – es geht natürlich um den Skisport, aber auch um alles, was am Pistenrand passiert.