Hast du auch schon einmal einen Telefonanruf erhalten, der dein Leben veränderte? Andrea Ellenberger (31) passierte genau dies vor einem Monat. Am Handy war Heini Pfitscher, Frauen-Riesenslalom-Trainer bei Swiss-Ski. «Er sagte mir, dass es für mich keinen Platz mehr im Kader von Swiss-Ski gibt», so die Nidwaldnerin.
Sie hatte geahnt, dass so eine Entscheidung möglich wäre – schliesslich kommt sie von einer Null-Punkte-Saison im Weltcup. Ellenberger hatte Probleme mit dem neuen Material (Nordica), erlitt bei einem Abflug eine Gehirnerschütterung, verlor das Vertrauen und fuhr letztlich schlecht.
Die Hoffnung, den Kaderstatus doch noch zu halten, hegte sie trotzdem – schliesslich sei sie in den Jahren davor im Riesenslalom konstant in die Top 30 gefahren. «Darum musste ich am Telefon leer schlucken. Ich habe mich verabschiedet, aufgelegt und mir gesagt: Das wars, ich höre auf!»
Der Freund ist auch ihr Trainer
Ein Monat ist seither vergangen. Und siehe da: Ellenberger tritt doch nicht zurück. «Ich habe die Emotionen sacken lassen. Am letzten Montag entschied ich mich, weiterzumachen. Es ist mir bewusst, wie schwierig mein Weg sein wird – aber so möchte ich nicht aufhören», so die Frau, die im Weltcup zweimal auf Rang 11 fuhr.
Ab sofort wird die Nidwaldnerin alles selbst planen und organisieren müssen. Sie hat das Glück, dass ihre Haupt- und Co-Sponsoren hinter ihr stehen – wäre diese nicht so, würde das Ganze zu einem finanziellen Kraftakt.
Ein weiteres Plus: Ihr Freund Silvan Epp ist nach seiner Arbeit bei den Schweizer Riesenslalom-Männern frei – er hatte schon im Winter gekündigt. «Einige Paare machen eine Weltreise, wir werden Ski fahren gehen», sagt Ellenberger. Die beiden planen wie schon 2018, als Ellenberger ebenfalls ohne Kader-Status den Sprung in den Weltcup schaffte, ein Trainingscamp in Südamerika. Und schliesslich: Körperlich geht es der Frau, die einen Bachelor in Psychologie hat, so gut wie noch nie.
«Sollte es nicht klappen, höre ich auf»
«Ich will es mir, aber auch meinen Kritikern zeigen, dass ich es noch draufhabe», kündigt Ellenberger an. Fakt ist: Die Türe bei Swiss-Ski ist nicht zu. Für den Saisonauftakt in Sölden (Ö) Ende Oktober kündigte Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor an, dass sich alle aufdrängen können – auch Ellenberger. Das freut sie: «Ich gehe volles Risiko. Und zwar genau so, wie ich es will. Sollte es nicht klappen, höre ich auf. Aber dann wäre ich wenigstens mit mir im Reinen.»