Auf einen Blick
- Marco Odermatt missglückt der Saisonstart in Sölden
- Beim Riesenslalom scheidet er nach 40 Sekunden aus
- Trotzdem nimmt er Positives aus dem Rennen mit
Wer sich mit Gino Caviezel und Justin Murisier über die Defizite ihres Team-Leaders und Freund Marco Odermatt unterhält, bekommt eine klare Antwort: «Das Einzige, was Marco nicht kann, ist verlieren. Er ist nur schon dann unausstehlich, wenn er gegen uns im Brändi-Dog-Brettspiel nicht gewinnen kann.»
Doch in Sölden straft der dreifache Gesamtweltcupsieger seine Kollegen Lügen. Aber der Reihe nach. Odermatt nimmt die neue Saison standesgemäss mit der Nummer 1 in Angriff. Der Nidwaldner hinterlässt in den ersten Toren einen bestechenden Eindruck. Doch nach 39 Fahrsekunden stockt seinen Fans der Atem: Odermatt rutscht aus und scheidet wie beim finalen Riesen im letzten Winter aus. Es ist das erste Mal seit 2018 (Garmisch-Partenkirchen und Kranjska Gora), dass der Ausnahme-Athlet bei zwei Weltcup-Riesenslaloms in Folge auf der Strecke bleibt.
Aber dann liefert der 27-Jährige den Beweis, dass er in der Zwischenzeit auch das Verlieren gelernt hat. Odermatt erklärt in der Mixed-Zone ohne jeglichen Groll und scheinbar tiefenentspannt den Grund für seinen Fehlstart in den WM-Winter: «Es hat sich für mich mit der Startnummer 1 anfänglich alles so einfach angefühlt, es hat nahezu alles perfekt gepasst. Doch dann habe ich eine zu freche Linie ausgepackt, ich war viel zu direkt. Und weil ich dann auch noch einen leichten Schlag erwischt habe, bin ich halt ausgeschieden. Ich bin jedoch überhaupt nicht traurig, weil die positiven Erkenntnisse aus diesem Rennen überwiegen.»
Er fuhr in einer anderen Liga
Die Abschnittszeiten untermauern die Analyse vom Weltmeister und Riesenslalom-Olympiasieger. Bei der letzten Zwischenzeit vor seinem Ausfall wurde Odermatt mit 27,13 gestoppt. Der Norweger Alexander Steen-Olsen, der im ersten Durchgang der Schnellste war, passierte Marke in einer Zeit von 27,84. «Odermatt ist bis zu seinem Innenski-Fehler in einer eigenen Liga gefahren. Der hat Schwünge ausgepackt, die absolut genial sind», schwärmt der Österreicher Christian Höflehner, der vor seiner jetzigen Tätigkeit als Rennleiter von Atomic Superstars wie Hermann Maier oder Marcel Hirscher trainiert hat.
Besonderes Lob gibt es für Odermatt auch aus Deutschland. Felix Neureuther (40) sagt zu Blick: «Ich habe in Sölden noch nie ein Rennfahrer gesehen, der im ersten Drittel derart stark gefahren ist, wie das Odermatt getan hat. Wenn er das ins Ziel gebracht hätte, hätte er seine Gegner richtiggehend zerstört!» Und DSV-Direktor Wolfgang Mayer legt nach: «Odermatt ist auf und neben der Piste eine Ausnahmeerscheinung. Er ist ein reiner Segen für unseren Sport.»
Stellt sich nur noch eine Frage: Warum wird diese Ausnahmeerscheinung von seinen Teamkollegen nach wie vor als schlechter Verlierer dargestellt? Odermatt antwortet mit einem Augenzwinkern: «Die sagen das nur, weil sie selber die viel schlechteren Verlierer sind.»