Lacht die Sonne, lacht auch Lara Gut-Behramis Herz. Die 32-Jährige betont seit ihrem Kreuzbandriss 2017, dass sie nicht mehr bereit sei, bei schlechter Sicht Kopf und Kragen zu riskieren. Zumindest nicht im Training. Beim Riesenslalom von Mont-Tremblant (Ka) vor zwei Wochen konnte sie allerdings nicht einmal ein Schneesturm («Ich habe das nächste Tor nicht gesehen») aufhalten – Platz 2. Spass machte ihr der Blindflug nicht. «Es ist ein Witz, ein solches Rennen zu fahren. Einfach lächerlich», meinte sie danach.
Doch warum gab Gut-Behrami nicht einfach auf? «Ich habe es mir während der Fahrt überlegt», sagte die frisch gebackene Schweizer Sportlerin des Jahres. Weil ihre Form so stark ist und das Vertrauen ins Material stimmt, tat sie es nicht. Dennoch will sie so etwas nicht mehr erleben.
Flachstücke sind für Gut-Behrami Gift
Immerhin: Im mondänen Val d’Isère (Fr), wo Gut-Behrami einst als Kind Ferien mit der Familie machte, sind die Wetteraussichten fürs Wochenende vielversprechend.
Ob Gut-Behrami bereits in der Abfahrt am Samstag ihren bereits fünften Podestplatz in der noch jungen Saison einfahren wird, ist allerdings fraglich. Denn: In der Abfahrt ist sie längst nicht so stark wie im Riesenslalom und Super-G.
Warum? Einfach: Sie hat Mühe, in den Flachstücken auf Tempo zu kommen. «Und davon gibt es in Val d’Isère im oberen Teil genügend», weiss Cheftrainer Beat Tschuor.
«Es kommt mit der Zeit»
Mit ihren 1.60 m und 60 Kilo ist Gut-Behrami von Natur aus benachteiligt, wenn Pisten wenig steil sind. Sie ist auch eine technisch brillante, aber auch ungeduldige Fahrerin – 20 Sekunden und mehr in der Hocke sind nicht ihr Ding. Was erschwerend dazukommt, erzählte sie zuletzt in St. Moritz GR. «Ich habe noch den Riesenslalom-Schwung im Kopf und nicht das Geradeausfahren.» Ihre Abneigung gegenüber Strecken mit langen Gleitpassagen verbirgt sie nicht.
Heisst das, dass sie im Training noch mehr Zeit investieren muss? Sie schüttelt mehrmals den Kopf. «Nein, nein. Es kommt mit der Zeit», ist sie überzeugt.
Nur Platz 13 im Abfahrtsweltcup
Fakt ist: In Val d’Isère hätte Gut-Behrami in der Abfahrt wohl nichts dagegen, wenn das Wetter für einmal einen Start von ganz oben verhindern würde. Dann fiele die lange Fläche weg – so wie in der Abfahrt vor elf Jahren, als Gut-Behrami erstmals auf der Piste Oreiller-Killy gewann.
In den letzten drei Abfahrten in Val d’Isère war Gut-Behrami nie besser als Achte. Letzten Winter schloss sie den Disziplinen-Weltcup auf Platz 13 ab. Es bleibt wohl noch länger dabei: Die Abfahrt ist und bleibt ihre schwächste Disziplin.
Umso mehr dürfte sich Gut-Behrami auf den Sonntag freuen. Dann steht der Super-G auf dem Programm. Von wo dann gestartet wird, spielt keine Rolle mehr – in ihrer Paradedisziplin ist sie überall Weltklasse.