Mit diesem Lauf holt Holdener ihren ersten Slalom-Sieg
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Zusammen mit Swenn-Larsson:Mit diesem Lauf holt Holdener ihren ersten Slalom-Sieg

Premieren-Sieg, New-York-Trip – und nun der Ketchup-Effekt? Wendy Holdener im Gespräch
«Ich bleibe hungrig»

Im 106. Anlauf hat es geklappt: Wendy Holdener gewann erstmals einen Weltcup-Slalom. Wie blickt sie mit etwas Abstand darauf zurück? Und wie geht es weiter?
Publiziert: 11.12.2022 um 01:15 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2022 um 09:13 Uhr
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Die Erlösung! Wendy Holdener gewann in Killington im 106. Anlauf ihren ersten Weltcup-Slalom.
Foto: keystone-sda.ch
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Mathias GermannReporter Sport

Wendy Holdener, wie ist Ihr neues Leben?
Wendy Holdener: Weiterhin so wie früher.

Aber auch anders? Immerhin haben Sie nach 30 Podestplätzen erstmals einen Weltcup-Slalom gewonnen.
Ich spüre eine Zufriedenheit, die gut tut und schön ist. Und ich freue mich, dass die Fragen nach dem ersten Sieg nicht mehr gestellt werden.

Haben Sie sich über die Journalisten genervt, die diese Frage gestellt haben?
Nein, auf keinen Fall. Sie haben es ja auch nicht bös gemeint. Dennoch ist das Thema nun vom Tisch.

Nach speziellen Erfolgen sagen viele Sportler: «Ich bleibe die gleiche Person.» Aber ist das überhaupt möglich?
Das ist ein interessanter Punkt. Ich war auch vor diesem Sieg glücklich, auch wenn es Jahre gab, wo die Rennen nicht so viel Spass gemacht haben. Es ist schön, wenn es im Sport so läuft, wie man es sich erhofft – das gibt eine gewisse Lockerheit. Ich hoffe wirklich, dass ich so super weitermachen kann.

Dann erlaube ich mir, zu fragen: Wann folgt der zweite Slalomsieg?
Diese Frage musste ja kommen (lacht).

Hoffen Sie auf den berühmten Ketchup-Effekt – wenns mal läuft, dann läufts?
Es wäre schön, wenn der Ketchup-Effekt auch bei mir eintreffen würde. Wichtig ist, dass ich gleich gut weitermache wie bisher.

Slalom-Altmeister Didier Plaschy jagte einst auch lange einem Slalomsieg hinterher. Als er das Kunststück Ende der 90er-Jahre geschafft hatte, spürte er eine grosse Leere. «Ich hätte eigentlich aufhören können», verriet er mir kürzlich.
Diese Gefahr besteht bei mir nicht. Ich bleibe hungrig und will noch einige Jahre weitermachen. Je besser ich fahre, desto zufriedener bin ich. Wenn ich so weitermache, sind noch viele gute Rennen möglich.

Der erste Durchgang in Killington war der beste Lauf Ihres Lebens. Einverstanden?
Er war gut, sehr solide und sauber.

Aber?
Ein oder zwei Dinge hätten schon noch besser sein können – ich finde immer etwas.

Sie haben Ihre Slalom-Technik im Sommer umgestellt, fahren schmaler und stehen höher. War es das entscheidende Puzzlestück?
Es war einfach schön, dass ich eine gute Vorbereitung hatte, mehr Trainings als sonst absolvieren konnte. Alles hat sich stabilisiert. Ich spüre seither ein grosses Vertrauen. Diese Ruhe war wohl entscheidend dafür, dass ich einen weiteren Schritt nach vorne gemacht habe.

Wie häufig haben Sie Ihren Sieg auf Video angeschaut?
Etwa 20 Mal, schätze ich. Ich wollte dieses Erlebnis auch mit etwas zeitlichem Abstand noch einmal bewusst aufsaugen.

Sie flogen danach nicht wie Ihre Technik-Teamkolleginnen nach Hause, sondern fuhren nach New York.
Einen Monat vor dem Rennen in Killington habe ich meine Kollegin, die in New York studiert, gefragt: «Kommst du auch?» Die Orte sind ja etwa fünf Autostunden voneinander entfernt. Sie hat zugesagt, und ich habe meinen Rückflug in die Schweiz umgebucht – so konnte ich zu ihr nach New York.

Wie wars?
Die Fahrt von Killington dorthin war speziell. Sehr streng, es war dunkel und hat geregnet. Aber danach hatten wir eine coole Zeit, ich war in ihrer Wohnung, wir haben beim Italiener leckere Take-Away-Häppchen bestellt. Es war fast schon ein kleines Fest.

Und am nächsten Tag?
Wir gingen auswärts brunchen, ein wenig shoppen, wir sind über die Brooklyn Bridge gelaufen und haben es uns bei einer Fussmassage gut gehen lassen. Danach bin ich wieder nach Hause geflogen.

Ski-Legende Peter Müller meinte kürzlich, er könne nicht verstehen, warum Sie die Rennen in Lake Louise ausgelassen haben.
Das war schon vor Killington so geplant gewesen, und es ist auch jetzt noch die richtige Entscheidung.

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Sie hätten den Plan auch ändern können.
Ich wäre gerne mal in Lake Louise gefahren. Doch als ich gehört habe, dass die Strecke künftig nicht mehr im Weltcup-Kalender ist, war für mich die Sache klar. Auf dieser Piste braucht man normalerweise sehr viel Erfahrung, um etwas zu reissen.

Reizt Sie der Gesamtweltcup nicht? Sie liegen auf Rang 3, haben nur 39 Punkte Rückstand.
Mein Fokus gilt den technischen Disziplinen – da will ich mich weiter verbessern und gute Resultate einfahren. Um dies zu erreichen, brauche ich Erholung und gezielte Trainings. Für die grosse Kugel muss man in zwei Disziplinen immer um den Sieg fahren. Ich denke derzeit nicht an den Gesamtweltcup.

Sie fuhren im Super-G auch schon zweimal aufs Podest, jeweils als Dritte.
Ich mag die Disziplin. Und ich will sie auch fahren, um bei der WM-Kombination ein gutes Gefühl zu haben. In St. Moritz am nächsten Wochenende werde ich darum mindestens den Super-G fahren.

Was ist zwischen New York und Sestriere passiert?
Ich war fünf Tage daheim und konnte mit der Familie meinen Vater, der Geburtstag hatte, hochleben lassen. Es war wunderbar. Die Pause tat gut, ich konnte den Jetlag ablegen und meine Batterien aufladen. Danach habe ich das Training wieder aufgenommen.

Stimmt es, dass Sie angefangen haben, Französisch zu lernen?
Ein wenig reden kann ich ja. Nun habe ich mir ein Lehrbuch gekauft.

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Üben Sie täglich?
Sagen wir es so: Ich habe das Buch immer in der Tasche dabei – das gibt ein gutes Gefühl (lacht).

Wie funktioniert die Kommunikation mit den welschen Trainern?
Bei einfachen Dingen rede ich mittlerweile Französisch – so müssen sie nicht immer Deutsch sprechen. Aber ich kann noch zu wenige Wörter, damit es fliessend ist. Oft sind meine Antworten ein Gemisch der beiden Sprachen.

Wie stehen die Chancen, dass Sie in Sestriere erneut das oberste Podest erklimmen?
Versprechen kann ich nur, dass ich erneut alles in die Waagschale werfen werde.

«Ich hatte Angst»
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