Auf einen Blick
- Michelle Gisin pausiert wegen psychischer Müdigkeit und ändert ihre Ski-Planung grundlegend
- Gisin verzichtet auf Technik-Rennen am Semmering, wo sie ihren einzigen Weltcupsieg feierte
- Die 31-jährige Engelbergerin ist eine von zwei Fahrerinnen in allen vier Disziplinen
Eine Skifahrerin verzichtet auf ein Rennen, weil sie mental müde ist. Das ist nicht ungewöhnlich. Im Fall von Michelle Gisin (31) allerdings schon! «Ich werde eine Pause machen», bestätigt sie. Die Engelbergerin war in den letzten Jahren eine echte Marathon-Frau – nur bei Verletzungen verzichtete sie auf Rennen. Doch nun ändert die zweifache Kombi-Olympiasiegerin im Herbst ihrer Karriere ihre Ski-Planung grundlegend. Ihr neues Motto: Weniger ist mehr.
Gisin lässt zwischen Weihnachten und Neujahr die beiden Technik-Rennen am Semmering (Ö) aus. Ausgerechnet am Zauberberg, wo sie 2020 im Slalom ihr einziges Weltcuprennen gewann, wird sie also fehlen. «Ich war immer gerne dort und hoffe, dass ein paar der jungen Athletinnen nun ebenfalls schöne Erlebnisse sammeln können», sagt sie.
Zusammen mit der Deutschen Emma Aicher (21) ist Gisin die letzte Fahrerin im Weltcup, die sämtliche vier Disziplinen bestreitet. Das wird auch so bleiben – aber nicht mehr ständig. Gisin mutiert mehr und mehr zur reinen Speed-Fahrerin.
Bloss: Eigentlich kann sich Gisin nicht erlauben, Wettkämpfe auszulassen. Zumindest nicht, wenn sie ihrem Plan, im Gesamtweltcup zuvorderst mitzumischen, treu bleibt. «Das ist mein Traum», sagte sie noch im Herbst. Ab sofort ändert sie ihre Strategie.
Gisin: «Physisch und technisch bin ich gut drauf. Und ich habe einen Kopf aus Stein. Aber wenn ich am Start stehe und nicht mehr ständig die Begeisterung und Faszination von früher empfinde, wird es schwierig. Ich boxe nichts durch.»
Flatscher: «Eine vernünftige Entscheidung»
Entscheidend sei gewesen, vom Gedanken «alles oder nichts» wegzukommen, betont Gisin. «Ich habe gemerkt, dass sich meine persönlichen Prioritäten verschieben.»
Alpin-Direktor Hans Flatscher versteht ihre Beweggründe. «Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo man Prioritäten setzen muss. Es ist eine vernünftige Entscheidung. Im Slalom und Riesenslalom läuft es ihr nicht so gut, in Super-G und Abfahrt dagegen besser. Michelle ist sehr intelligent und weiss genau, was sie tut.»
Noch ist Gisin allerdings nicht gewillt, die technischen Disziplinen komplett beiseitezuschieben. «Ich werde mich gut auf die Rennen in Kranjska Gora vorbereiten», sagt sie. In Slowenien steigen am 4. und 5. Januar ein Riesenslalom und ein Slalom.