Auf einen Blick
- Ski-WM in Saalbach: Schweiz mit Medaillenchancen in fast jedem Rennen
- Österreich hofft auf Befreiungsschlag, USA setzt auf Shiffrin-Comeback
- Norwegen holte bei letzter WM neun Medaillen, zwei mehr als Schweiz
Das Saisonhighlight für die Ski-Asse steht an: die WM in Saalbach (Ö). Die Schweiz geht praktisch in jedes Rennen mit Medaillenchancen. Doch wie sieht es bei der Konkurrenz aus? Welches sind ihre stärksten Anwärterinnen und Anwärter auf Edelmetall?
Österreich
Die grosse WM-Euphorie ist beim Gastgeber Österreich noch nicht entfacht. Das liegt wohl auch an den bisherigen Resultaten: In 46 Rennen gab es nur 15 Podestplätze. Die einzigen beiden Siege hat Cornelia Hütter (32, Abfahrt und Super-G) herausgefahren. Ähnlich sah die Bilanz schon vor zwei Jahren aus. Damals waren es vor der WM 17 Podestplätze aus 55 Rennen, einziger Siegfahrer war Vincent Kriechmayr (33, drei Abfahrten).
Gelingt der Befreiungsschlag an der WM? Medaillenkandidaten haben die Österreicher einige in ihren Reihen. Angefangen bei Kriechmayr – der mit seiner in Wengen erlittenen Verletzung ohne Druck antreten kann – und Hütter und in den Speed-Disziplinen über Katharina Liensberger (27) und Manuel Feller (32) im Slalom bis hin zu Patrick Feurstein (28), Julia Scheib (26) und Stefan Brennsteiner (33) im Riesenslalom. Oder krönt Marco Schwarz (29) seine Comeback-Saison mit Edelmetall an der Heim-WM?
Vor zwei Jahren gab es trotz einer schwierigen Saison sieben Medaillen für Österreich – gleich viele holte die Schweiz. Der Unterschied: Während unsere östlichen Nachbarn ohne Gold blieben, gab es für uns drei WM-Titel. Gelingt in Saalbach schon früh der Sprung aufs WM-Podest, könnte dieser Befreiungsschlag beim Gastgeber eine Sogwirkung auslösen.
Letzte WM: 7 Medaillen – 0 Gold, 3 Silber, 4 Bronze
USA
Das amerikanische Team steht und fällt mit Mikaela Shiffrin (29). Zumindest war das an der letzten WM so. Drei der vier Medaillen gingen auf ihr Konto, hinzu kam Gold beim Team-Event. In diesem Jahr steht ein Fragezeichen hinter Shiffrins Name. Ende November hat sie sich bei ihrem Sturz im Riesenslalom eine Stichwunde am Bauch zugezogen. Zwei Monate Rennpause waren die Folge. Rechtzeitig vor der WM ist sie zurückgekehrt – mit Platz zehn im Slalom von Courchevel (Fr). Davor hatte sie zwei Slaloms gewonnen.
Noch hat Shiffrin etwas Zeit. Ob sie wirklich um die Medaillen fahren kann, wird sich zeigen. Immerhin hat das amerikanische Team in diesem Jahr auch ohne Shiffrin performt: Lauren Macuga (22) gewinnt einen Super-G, Paula Moltzan (30) fährt im Riesenslalom, Ryan Cochran-Siegle (32) in der Abfahrt und Jared Golberg (33) im Super-G aufs Podest. Sie könnten an der WM den Favoriten ein Schnippchen schlagen. Gleiches gilt für Bryce Bennett (32, dreimal Top 8 in der Abfahrt) oder Nina O’Brien (27, in allen Riesenslaloms Top 15). Und nicht zu vergessen: Lindsey Vonn. Die 40-Jährige sagt selber: «Ich kann hier um die Medaillen kämpfen.»
Letzte WM: 4 Medaillen – 2 Gold, 2 Silber, 0 Bronze
Norwegen
An der letzten WM holte Norwegens Team neun Medaillen – zwei mehr als die Schweiz. Im Medaillenspiegel lag es nur hinter uns, weil es weniger Goldmedaillen vorweisen konnte. In diesem Winter haben unsere Männer in den bisherigen 25 Rennen 11 Siege eingefahren – die Norweger halten mit 7 Triumphen als Einzige mit. Die Techniktruppe um Henrik Kristoffersen (30), Atle Lie McGrath (24), Alexander Steen Olsen (23) und Timon Haugan (28) präsentiert sich in dieser Saison sackstark. Sowohl im Riesenslalom (Steen Olsen vor Kristoffersen und McGrath) als auch im Slalom (McGrath vor Haugan und Kristoffersen) gab es schon einen Dreifachsieg. Sie zählen damit zu den stärksten Konkurrenten von Marco Odermatt (27) und Loïc Meillard (28), wenns im Riesenslalom und im Slalom um die Medaillen geht.
Aber auch im Super-G haben sie ein Ass im Ärmel: Fredrik Möller (24). Völlig überraschend hat er in Bormio (It) gewonnen. Gelingt ihm auch in Saalbach der Sprung aufs Podest, wäre es ein Coup. Bei den Frauen heissen die grössten Medaillenhoffnungen Kajsa Vickhoff Lie (26) in den Speed-Disziplinen und Thea Louise Stjernesund (28) bei den Technikrennen. Während Vickhoff Lie in diesem Winter schon zweimal auf dem Podest stand, hat Stjernesund das bisher nicht geschafft.
Letzte WM: 9 Medaillen – 2 Gold, 3 Silber, 4 Bronze
Italien
Federica Brignone (34) und Sofia Goggia (32) gilt es zu schlagen. Und das nicht nur in den Speed-Rennen, sondern auch im Riesenslalom. Die beiden fahren ihren Konkurrentinnen immer wieder um die Ohren. 13 Podestplätze, davon 7 Siege, hat das Duo eingefahren. Beeindruckend. Goggia dürfte besonders heiss sein – denn im Gegensatz zu Brignone (Kombi-Gold 2023) ist sie bisher nie Weltmeisterin geworden.
Daneben hat auch Marta Bassino (28, Titelverteidigerin im Super-G) das Zeug dazu, ein Wörtchen ums Podest mitzureden. Oder Laura Pirovano (27). Die Speed-Spezialistin hat die Top drei in dieser Saison schon mehrfach knapp verpasst. Gelingt ihr der Coup in Saalbach?
Bei den Männern heissen die grössten Trümpfe Dominik Paris (35) und Gröden-Sieger Mattia Casse (34) in den Speed-Rennen und bei den Technikern Luca de Aliprandini (34, Dritter im Adelboden-Riesenslalom) und Alex Vinatzer (25, Zweiter im Kitzbühel-Slalom). Sie muss man auf der Rechnung haben.
Letzte WM: 4 Medaillen – 2 Gold, 1 Silber, 1 Bronze
Deutschland
Drei Podestplätze gingen in dieser Saison auf das Konto von Deutschland. Herausgefahren hat sie Lena Dürr (33) im Slalom. Sie hat an der letzten WM Bronze gewonnen. In dieser Disziplin dürfen sich unsere nördlichen Nachbarn auch die grössten Medaillenchancen ausrechnen. Neben Dürr kann Emma Aicher (21) ebenfalls ums Podest mitfahren. Bei den Männern heisst die grosse Slalom-Hoffnung Linus Strasser (32). Die WM-Hauptprobe beendete er nach klarer Halbzeitführung auf Platz vier.
Und in den Speed-Disziplinen? Nach den Rücktritten von Thomas Dressen (31), Josef Ferstl (36) und Dominik Schwaiger (33) ist Romed Baumann (39) der erfahrenste Athlet im Team. Platz sieben ist sein mit Abstand bestes Resultat in diesem Winter. Mehr Chancen auf eine Medaille hat Kira Weidle-Winkelmann (28). Vor vier Jahren wurde sie Vizeweltmeisterin in der Abfahrt. Sie hat das Zeug dazu, die Favoritinnen zu schlagen – auch wenn sie in ihrer ersten Saison mit Doppelnamen noch ohne Podestplatz ist.
Letzte WM: 2 Medaillen – 1 Gold, 0 Silber, 1 Bronze
Frankreich
Die Franzosen haben einen gewichtigen Ausfall zu beklagen: Alexis Pinturault (33), erst gerade von seinem Kreuzbandriss zurückgekehrt, stürzte in Kitzbühel und verletzte sich erneut. Die WM findet ohne ihn statt.
Medaillenkandidat Nummer eins ist der vierfache Saisonsieger Clément Noël (27). Slalom-Olympiasieger ist er schon, die WM-Medaille fehlt noch in seiner Sammlung. Die Chancen, dass er das in Saalbach ändert, stehen gut. Oder sorgt ein Teamkollege für die Überraschung? Steven Amiez (26), Sohn von Sébastien Amiez (gewann Olympia- und WM-Silber im Slalom) hat in dieser Saison sein Potenzial schon mehrfach angedeutet, ist fünfmal in die Top sieben gefahren. Nur die Podestpremiere ist ihm noch nicht gelungen. Er ist Kandidat für eine WM-Überraschung – wie Léo Anguenot (26), der im Riesenslalom von Alta Badia sensationell Zweiter wurde.
Bei den Speedrennen heisst der Trumpf Nils Allègre (31). Seine Bestresultate diesen Winter: Vierter (Abfahrt) und Siebter (Super-G). Bei den Frauen wäre eine französische Medaille eine grosse Überraschung. Einzig Romane Miradoli (30) in den Speed-Disziplinen und Marie Lamure (23) im Slalom sind in diesem Winter in die Top zehn gefahren.
Letzte WM: 2 Medaillen – 1 Gold, 0 Silber, 1 Bronze
Kanada
Vor zwei Jahren hat das kanadische Team für zwei faustdicke Überraschungen gesorgt. James Crawford (27, Super-G) und Laurence St-Germain (30, Slalom) haben Gold geholt. Das Duo muss man auch in diesem Jahr auf der Rechnung haben. Zumal Crawford erst kürzlich Alexis Monney (25) in Kitzbühel den Sieg vor der Nase weggeschnappt hat. Auch Cameron Alexander (27) kann ein Wörtchen um die Speed-Medaillen mitreden, allerdings ist er im zweiten Abfahrtstraining gestürzt. Zudem gibts da noch Valérie Grenier (28), die im Riesenslalom zum erweiterten Kreis der Medaillenanwärterinnen zählt.
Letzte WM: 4 Medaillen – 2 Gold, 0 Silber, 2 Bronze
Die weiteren Nationen
Im Skisport leben viele Nationen von nur einer Athletin oder einem Athleten. Mit ihnen dürfen sie sich allerdings durchaus Medaillenchancen ausrechnen. So hofft Brasilien neuerdings auf eine WM-Medaille im Skifahren – dank Lucas Pinheiro Braathen (24). In Bulgarien heisst die Medaillenhoffnung nicht erst seit seinem Slalom-Sieg in Madonna di Campiglio Albert Popov (27). Lara Colturi, die für Albanien fährt, ist erst 18 Jahre alt und diesen Winter schon im Slalom und im Riesenslalom Zweite geworden. Derweil soll Alice Robinson (23) in Neuseeland für Freudentänze sorgen. Mit vier Riesenslalom-Podestplätzen, davon ein Sieg, ist sie eine der Favoritinnen.
Miha Hrobat (29) ist in diesem Winter erstmals aufs Abfahrtspodest gefahren. Inzwischen stehen zwei dritte Plätze bei ihm zu Buche. Er ist dafür verantwortlich, dass Slowenien neben Zan Kranjec (32, ein dritter Platz im Riesenslalom) zweimal auf Edelmetall hoffen darf. Schon in den letzten beiden Wintern hat Zrinka Ljutic (21) mit ersten Podestplätzen ihr Potenzial angedeutet. In dieser Saison schafft sie den grossen Durchbruch, gewinnt drei Slaloms. Kroatien träumt von der ersten Slalom-Weltmeisterin seit Janica Kostelic (43) 2005. Die Chancen stehen gut, dass dieser Traum in Erfüllung geht. Auch bei den Männern schickt man Medaillenkandidaten an den Start: Samuel Kolega (26) und Filip Zubcic (32). Tschechiens Medaillenanwärterin heisst Ester Ledecka (29). Sie musste wegen Rückenproblemen zuletzt Rennen auslassen. Ob sie rechtzeitig fit wird, wird sich zeigen.
In Schweden ruhen die Hoffnungen auf Anna Swenn-Larsson (33, Slalom) und Sara Hector (32, Riesenslalom und Slalom) sowie Kristoffer Jakobsen (30, Riesenslalom und Slalom). Er ist kurz vor der WM erstmals Papi geworden. Und könnte, davon beflügelt, für den Coup sorgen.