Knie-Spezialisten klären auf
So gefährlich ist Vonns Comeback wirklich

Lindsey Vonns Comeback spaltet die Ski-Welt. Trotz Warnungen vor Verletzungen kehrt sie mit Teilprothese zurück. Die 40-Jährige betont: «Ich tue das für mich, nicht fürs Rampenlicht.»
Publiziert: 19.12.2024 um 17:04 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2024 um 19:05 Uhr
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Lindsey Vonn litt viele Jahre unter Knieproblemen. Sie machte 2019 einen Schlussstrich, weil sie die Schmerzen nicht mehr aushielt.

Auf einen Blick

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Mathias GermannReporter Sport

Es gibt Lob, Bewunderung, Kritik und Sorge. Sicher ist: Kaum jemanden lässt das Comeback von Lindsey Vonn (40), die mit einer Teilprothese im rechten Knie in den Weltcup zurückkehrt, kalt. Die Speed-Queen (82 Weltcupsiege) nervte sich zuletzt über die negativen Äusserungen ehemaliger Ski-Asse. «Sind sie alle Ärzte geworden und ich habe es verpasst? Weil sie so reden, als wüssten sie mehr als die besten Ärzte der Welt», fragte Vonn.

Die Angst, Vonn könnte sich schon bald schwer verletzen, ist bei vielen Ski-Insidern da. Ist sie begründet? Blick hat mit zwei Knie-Spezialisten gesprochen. Walter O. Frey, Chefarzt Swiss-Ski an der Klinik Hirslanden, meint grundsätzlich: «Im Spitzensport bei Spitzenathleten bewegen wir uns in einem Umfeld, in welchem Prophezeiungen, welche sonst schon schwierig zu machen sind, fast definitiv unmöglich sind.» 

Es ist nicht so, dass Vonn wegen ihres operierten Knies weniger Gefühl im Bein hat als andere. Sie wird deswegen also nicht eher stürzen. Gleichzeitig sorgen die vielen Schläge in Abfahrt und Super-G dafür, dass sich ihre Teilprothese schneller abnutzen wird als im Normalfall. Heisst: Statt wie oft nach 25 Jahren wird sie wohl früher eine «Ersatz-Operation» benötigen.

Zement hält Knochen und Titan zusammen

Aber geht Vonn im Fall eines Sturzes und einer Kniebeschädigung das Risiko einer besonders komplexen Verletzung ein? Frey sagt klipp und klar: «Wie bei allen, welche mit Metall im Körper fahren und die betreffende Stelle durch einen Sturz verletzen, kann es eine eventuell notwendige Operation komplexer machen.»

Dazu muss man wissen: Bei Vonns Operation im April schliff ein Roboter drei Millimeter des Oberschenkelknochens an der Aussenseite des Knies ab. Auf der äusseren Rolle des Knochens, aber auch auf dem Schienbeinplateau, wurde dann mit Titan und Plastik gearbeitet – Zement und Stifte halten alles zusammen. 

Eine Verletzung? «Nur eine Frage der Zeit»

Rolf Hess ist Chefarzt Orthopädie im Spital Thun und meint: «Wenn es zu einem komplexen Knochenbruch um die Prothese kommt, besteht das Risiko, dass trotz Revision eine erhebliche funktionelle Einschränkung im Alltag resultiert.»

Bei Vonn sei dieses Wagnis etwas geringer, da sie nur eine Teil- und keine Totalprothese habe. «Das Problem ist aber, ob eine Knieprothese auf die Dauer den grössten physikalischen Belastungen gewachsen ist. Eine frühe Lockerung oder gar ein Implantatbruch sind durchaus möglich, wenn vielleicht auch erst in einigen Jahren.»

Hess hätte Vonn von einer Rückkehr in den Spitzensport abgeraten, weil die Belastungen im Speed-Bereich enorm seien. «Ich bin überzeugt, dass sie extreme Risiken eingehen muss, um mit der heutigen Weltelite mitzuhalten. Meiner Einschätzung nach ist es nur eine Frage der Zeit, wann es zu einer Verletzung kommt – so wie bei Marcel Hirscher.»

Vonn: «Ich brauche das Rampenlicht nicht»

Ein anderes Thema spricht Frey an: «Für mich persönlich ist es unendlich viel schöner, zu sehen, wie Corinne Suter nach einer sehr schweren Knieverletzung sich seriös zurückgekämpft hat und nun ohne überhitzten Medienhype solide wieder an die Spitze fährt.»

Und Vonn? Sie meinte zuletzt auf Instagram: «Ich glaube an mich selbst. Unabhängig von meinem Alter oder meiner Vorgeschichte. Egal, was die Leute sagen, ich tue das für mich. Ich muss niemandem etwas beweisen. Ich brauche das Rampenlicht oder die Aufmerksamkeit nicht. Ich möchte einfach etwas tun, das mir Freude bereitet, und diese Freude mit meiner Familie, meinen Freunden, meinem Team und Ihnen allen teilen.»

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