Selten ist im Swiss-Ski-Team die Vorbereitung auf ein Weltcuprennen dermassen in die Hose gegangen wie vor diesem Slalom-Wochenende. Dabei hat Slalom-Coach Matteo Joris mit seinem Cheftrainer Tom Stauffer für die Rennen nach Adelboden einen mustergültigen Fahrplan entwickelt, der aber – wie so vieles in dieser Zeit – durch Corona kaputtgemacht wird. Doch alles der Reihe nach.
Chamonix-Plan wegen Wengen-Absage begraben
Ursprünglich wollten unsere «Zick-Zacker» anfangs Woche in Chamonix trainieren, wo Joris und Stauffer bezüglich der Topographie den idealen Hang reserviert hatten, um den Slalom in Wengen zu simulieren. Weil aber die Lauberhornrennen pandemiebedingt abgesagt und nach Kitzbühel verlegt werden, begraben die Schweizer Übungsleiter den Chamonix-Plan. Stattdessen führt die Reise ins italienische Pozza di Fassa, wo man das optimale Gelände für die Vorbereitung auf den Hahnenkamm-Slalom findet.
Doch kaum im Fassatal angekommen, erreicht Yule, Zenhäusern und Co die Nachricht, dass die beiden in Kitzbühel geplanten Slaloms in Flachau durchgeführt werden. Daniel Yule schüttelt den Kopf: «Nun hätten wir hier eine super Trainingsstrecke, die ein paar ähnlich steile Passagen beinhaltet wie der Ganslernhang in Kitzbühel. Aber jetzt bräuchten wir eher eine flache Strecke, weil die Piste in Flachau nicht wirklich steil ist.» Letztendlich wird Yule in der Flachau aber nicht die Fläche, sondern das einzige, kurze Steilstück nach dem Start zum Verhängnis – nach vier Toren scheidet der letztjährige Adelboden- und Kitzbühel-Triumphator aus!
Dank Ramon Zenhäusern (6.), dem wiedererstarkten Luca Aerni (8.) und Tanguy Nef (10.) landen trotz der unglücklichen Wettkampf-Vorbereitung drei Skigenossen auf der «Hermann-Maier-Piste» in den Top Ten. Trotzdem muss festgehalten werden, dass unsere Slalomfahrer in der Spitze nicht ganz so stark sind wie im Vorjahr. In der letzten Saison hatte die Truppe von Matteo Joris dank Yule und Zenhäusern nach fünf Rennen vier Podestplätze auf der Habenseite.
Ösis stechen die Schweiz aus
In diesem Winter steht die Slalom-Schweiz nach fünf Rennen erst mit einem Podestplatz da (Zenhäuserns Sieg in Alta Badia). Umgekehrt ist die Entwicklung bei Österreichs Slalom-Spezialisten, welche im letzten Jahr bis Kitzbühel nur ein Top-3-Ergebnis vorweisen konnten. Heuer haben die Ösis dank Manuel Feller und Marco Schwarz nach fünf Bewerben bereits sechs «Stockerl-Plätze».
Ganz besonders ist die Entwicklung von Feller. Es sind noch keine zwölf Monate vergangen, seit der Tiroler von Experten heftig kritisiert wurde. «Der Feller fährt so schlecht, dass mir beim Zuschauen die Tränen kommen» stöhnte der ehemalige Top-Allrounder Christian Mayer (49, 7 Weltcupsiege) letzten Februar im BLICK. Und vor den Flachau-Rennen macht Feller mit einer Aussage einige Landsleute wütend: «Im Vergleich zu den klassischen Slalom-Hängen in Wengen und Kitzbühel ist Flachau nur eine Märchenwiese.»
Nun ist tatsächlich ein österreichisches Ski-Märchen wahr geworden. Der 28-jährige Feller, 2017 Slalom-Vize-Weltmeister, feiert ausgerechnet auf dieser «Märchenwiese» seinen ersten Weltcupsieg.