Das «Gold Stübli» im Bergrestaurant Sternen bekommt Zuwachs. Hier, im Skigebiet Hoch-Ybrig auf 1856 Meter über Meer, sind alle wichtigen Trophäen ausgestellt, die Wendy Holdener (29) in ihrer Karriere gewonnen hat. Nach je fünf Olympia- und WM-Medaillen kommt schon bald weiteres Edelmetall hinzu. Holdener gewinnt im WM-Parallel-Rennen Silber. Da im Stübli viele weitere Fundstücke aus Holdeners Karriere ausgestellt sind, wird der Raum langsam aber sicher knapp. Oder? «Nein, da muss man sich keine Sorgen machen – wir finden schon noch ein Plätzchen», so Holdener gut gelaunt.
Mit ihrer elften Medaille an Grossanlässen, also an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, zieht Holdener mit drei Grössen des Schweizer Skirennsports gleich: Pirmin Zurbriggen (60), Vreni Schneider (58) und Lara Gut-Behrami (31). «Ich bin stolz auf mich», sagt sie. Gleichzeitig überrascht sich die Schwyzerin auch selbst. Denn: Weder der Team-Event (Out im Viertelfinal) noch der Einzel-Quali am Mittwoch waren das Gelbe vom Ei. «Da habe ich zu sehr gedriftet, doch ich habe aus den Fehlern gelernt.»
Dieser Lernprozess führt Holdener, die bereits Kombi-Silber gehamstert hatte, während des Parallel-Einzelrennens fort. «Auf dem Sessellift habe ich jeweils meine Fahrten angeschaut und gesehen, was ich verbessern musste.» Die Taktik geht auf, Holdener kämpft sich bis in den Final vor. Dort kann sie im ersten Lauf der Norwegerin Maria Therese Tviberg («Ich habe die Goldmedaille gerochen») zwar noch Paroli bieten, dann aber reicht es nicht mehr. «Zwei kleine Fehler und Maria war weg. Sie war einfach besser.»
Neureuther: «Mit Skifahren nichts zu tun»
Holdener wird wohl als letzte Schweizer Medaillengewinnerin bei einem Einzel-Parallel-Wettkampf in die Geschichtsbücher eingehen. FIS-Generalsekretär Michel Vion meinte am Rande der WM: «Wir werden die Rennen aufgeben.» Überraschend ist das nicht: Nach mehreren Skandal-Rennen und Fehlplanungen haben viele Stars etwa so viel Bock auf diese Disziplin wie auf eine Darmspiegelung. Zuletzt meinte Deutschlands Ex-Ski-Star Felix Neureuther im ORF: «Das hat mit dem Skisport eigentlich nichts zu tun. Du musst nicht der bessere Skifahrer sein, um schneller zu sein.»
Holdener sieht das zweifelsohne anders – sie fährt die K.o.-Duelle seit zehn Jahren gerne. Ihr sei durchaus bewusst, dass eine klassische Disziplin etwas anderes sei. Heisst: Der Stellenwert ist dort höher. «Die Kombi und der Slalom sind auch für mich wichtiger. Aber vom Aufwand her ist ein Parallel-Rennen ähnlich hart. Ich muss bereit sein – immer wieder. Das ist genauso anstrengend wie die anderen Wettkämpfe.»
Bleibt die Frage, ob Holdener nach zwei Tagen und vielen Läufen nicht befürchtet, dass ihr der Saft für den Riesenslalom und Slalom ausgehen könnte. Sie meint: «Medaillen und Feiern helfen immer für die nächsten Rennen. Ich gehe heute aber nicht zu spät ins Bett – den Rest der Feier holen wir dann später mal nach.» Im Restaurant Sternen im Hoch-Ybrig wird man dies gerne hören.
In Courchevel und Méribel findet das Ski-Highlight des Winters statt. Hier findest du alles, was du über die Ski-WM 2023 wissen musst.
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