Bei Alpinen Welt-Titelkämpfen haben sich ja schon einige besonders brüderliche Szenarien abgespielt. So wie 1982, als der US-Amerikaner Phil Mahre in Schladming im WM-Riesenslalom als Top-Favorit nach wenigen Toren ausgeschieden ist. Im Endeffekt war es Phils Zwillingsbruder Steve, welcher die Goldmedaille gewann.
In diesen Tagen hat sich auch Gino Caviezel bereit gemacht, um seinen «Big Brother» Mauro zu ersetzen. Nachdem Mauro Caviezel bei einem Trainings-Abflug im Garmisch-Trögelhang neben einem Schädel-Hirntrauma auch Bänderverletzungen im Knie erlitten hat, sah es bis anfangs dieser Woche danach aus, als ob Mauro nicht rechtzeitig fit für den Start im WM-Super-G werden würde. Und weil Riesenslalom-Spezialist Gino (Dritter beim Weltcup-Auftakt in Sölden) im Schweizer Super-G-Ranking an fünfter Stelle liegt, wäre er im Fall einer Absage seines Bruders am Donnerstag (13.00 Uhr) zum Einsatz gekommen.
Doch am Dienstag hat Mauro Gino mitgeteilt, dass er nun doch an den Start gehen will. «Für mich und die ganze Familie war das sicher eine ganz spezielle Situation», sagt Gino zu BLICK. «Auf der einen Seite bin auch ich Rennfahrer, deshalb wäre ich auch in diesem Wettkampf gerne an den Start gegangen. Anderseits freue ich mich riesig für meinen Bruder, dass er nach diesem schweren Trainingsunfall doch noch beim Saisonhöhepunkt angreifen kann.»
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Gino ist nach dem klärenden Gespräch mit Mauro bezüglich des Super-Gs aus Cortina abgereist. «Es ergibt keinen Sinn, wenn ich tagelang ohne Renneinsatz im Hotelzimmer herumsitze. Um Abstand zu gewinnen und um auf andere Gedanken zu kommen, bin ich deshalb zu unserem Familien-Wohnsitz auf die Lenzerheide gefahren. Am Freitag werde ich nach Cortina zurückkehren, schliesslich möchte ich nächste Woche neben dem Riesenslalom auch die Kombination bestreiten.»
«Ich würde es in seiner Situation auch probieren»
Aber wie würde der jüngere Caviezel reagieren, wenn sich im Super-G-Rennen herausstellen sollte, dass der Ältere doch noch nicht fit genug ist, um mit den Schnellsten mitzuhalten? «Ich würde ihm auch dann keinen Vorwurf machen», macht Gino deutlich.
«Mauro hat sich mit seinem letztjährigen Triumph in der Super-G-Gesamtwertung und mit seinem Einzelsieg in Val-d'Isère den Nummer-1-Status in dieser Disziplin hart erarbeitet, ich bin dagegen in der Schweiz lediglich die Nummer 5. Deshalb ist es absolut richtig, dass er jetzt sein Startrecht in Anspruch nimmt. Ich würde es in seiner Situation auch probieren, auch wenn niemand garantieren kann, ob es wirklich funktionieren wird», so der 28-Jährige.
Cheftrainer Tom Stauffer hat bereits vor der Abreise nach Cortina verkündet, «dass Mauro bereits dann sehr schnell ist, wenn er nur 95 Prozent von seinem Leistungsvermögen abrufen kann». Wie hoch ist Caviezels Leistungsvermögen vor diesem WM-Super-G wirklich? «Bei mindestens 95 Prozent», glaubt Gino. «Ich glaube deshalb daran, dass Mauro eine Medaille gewinnen kann. Aber für mich ist er schon jetzt ein Sieger, weil er so schnell nach einem so schweren Sturz wieder einsatzfähig ist.»
Mauro selber beschreibt seinen Zustand so: «Es ist sicher noch nicht alles top. Aber es geht mir gut.»
Vom 8. Februar bis 21. Februar 2021 findet in Cortina d'Ampezzo (It) die alpine Ski-Weltmeisterschaft statt. Wer sind die Schweizer Favoriten? In welcher Disziplin wird wann gefahren? Alle Infos gibts hier.
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