Gäbe es einen Preis für die grösste Kämpfernatur im Ski-Team der Schweizer Frauen, ginge er an Andrea Ellenberger (28). Rückblick. Mit 17 Jahren riss sie sich das Kreuzband im Knie. Mit 23 musste sie erneut unters Messer – erneut war es das Kreuzband. Danach begann ihr Albtraum erst. Der Rücken schmerzte so stark, dass sie kaum laufen konnte.
2017 entschied sich die Nidwaldnerin darum für eine drastische Massnahme – sie liess sich einen Rückenwirbel versteifen und eine Bandscheibe herausoperieren. «Ich ging volles Risiko», sagt sie. Es klappte. Die Riesenslalom-Spezialistin kämpfte sich ohne Kaderstatuts auf Rechnung zurück. Bei der WM 2019 in Are (Sd) wurde sie im Riesenslalom Zehnte. Doch dann, im Dezember 2020, riss das Kreuzband erneut.
«Ich brauchte länger als früher, um diese erneute Verletzung zu akzeptieren», gibt sie zu. Trotzdem schund sie sich in der Reha – so wie früher. «Aber die Leichtigkeit, mit der ich die ersten Verletzungen gemeistert habe, war sicher nicht mehr in dieser Form da.» Dennoch hielt sie durch.«Es war eine anstrengende und intensive Zeit, auf die ich rückblickend stolz bin», sagt sie heute. Und ergänzt: «Ich bin fitter denn je.»
Der Fahrplan stimmt
Ellenberger trainiert längst wieder auf Schnee – zuletzt sogar in steilem Gelände. Technik-Coach Alois Prenn: «Ich wusste nicht, ob Andrea mit ihrer ganzen Geschichte noch einmal die Kraft aufbringen würde, um zurückzukehren. Ich bin froh, dass sie es getan hat und alles auf sich nimmt. Es geht von Tag zu Tag besser.»
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Ellenbergers Ziel ist ambitioniert: Schon beim Saisonauftakt in Sölden (23. Oktober) möchte sie dabei sein. Es wäre ihr 22. Weltcuprennen. Zum Vergleich: Wendy Holdener (28) und Michelle Gisin (27), mit denen Ellenberger in der Jugend oft auf Augenhöhe fuhr, haben 224 respektive 164 Weltcup-Rennen im Rucksack.
Die grosse Kämpferin des Skiclubs Hergiswil stört das nicht. Sie sagt: «Ich bin im Fahrplan, werde in Sölden aber nur starten, wenn ich mich bereit fühle und auch das Niveau dazu habe.» Sicher ist: Sollte sie tatsächlich im Starthaus stehen, wäre bereits das wie ein Sieg.