Als Michelle Gisin sich Anfang Juli schlapp fühlt, denkt sie sich: Das ist nichts Besonderes. Schliesslich befindet sie sich mitten im harten Sommertraining. Doch das Gefühl vergeht nicht, im Gegenteil. «Es gibt Tage, da liege ich flach und kann praktisch nichts machen», berichtet sie. Als dann Muskelkater und starke Gliederschmerzen hinzukommen, obwohl sie nur im Bett liegt, geht sie zum Arzt. Die Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber.
Es ist ein harter Schlag für Gisin, die im Frühling auch den Folgen einer Coronainfektion litt. «Ich kann nichts gegen die Krankheit tun, sondern muss mich schonen», weiss sie. Es vergehen weitere Wochen.
Und heute? Da trainiert die Kombi-Olympiasiegerin tatsächlich bereits wieder auf Schnee in Zermatt. «Wir versuchen es und des geht ganz gut», sagt Technik-Chef Alois Prenn. Er betont, dass man die Erwartungen nicht zu hoch hängen sollte.
Und dennoch ist es überraschend, dass die Engelbergerin schon wieder auf den Ski steht. «Sie ist glücklich, dass es vorwärts geht. Gleichzeitig ist das eine Probephase. Sobald es ihr zu viel wird, brechen wir ab», so Prenn.
Ehrlichkeit als oberstes Gebot
Gisin selbst will sich noch nicht äussern, sondern sich auf ihre Heilung und den Wiedereinstieg in den Ski-Zirkus vorbereiten. Gar nicht so einfach für ein Ski-Tausendsassa, wie sie es ist. Prenn: «Stimmt. Aber Michelle weiss, dass sie vorsichtig und ehrlich mit sich selbst sein muss. Wenn sie müde ist, sagt sie uns dies auch.»
Während sie nach drei Wochen Konditionstraining körperlich bereits wieder erstaunlich gut drauf ist, gibt es andere Faktoren, die sie schwächen. Solche, die früher kein Thema waren. Konkret: Die Sonneneinstrahlung, die Höhenlage und die vielen Menschen um sie herum. Alles kann für sie auf einmal ermüdend sein.
Klappts sogar für Sölden?
Wohin Gisins Weg führt, ist unklar. Wie die Vergangenheit zeigt, haben schon manche Spitzensportler nach einer Mononukleose-Erkrankung den Weg an die Spitze schnell wieder geschafft. Andere brauchten dafür Jahre.
Sicher ist: Gisin wäre gerne beim Saisonauftakt in Sölden am 23. Oktober dabei. Prenn: «Das ist ein Ziel – nicht mehr und und nicht weniger. In den nächsten Wochen wird sich herausstellen, ob es realistisch ist.