Blick: Michelle Gisin, Sie sind am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt. Wie geht es Ihnen?
Michelle Gisin: Es gibt Momente, da fühle ich mich in Ordnung, dann geht es mir wieder schlechter. Ein Auf und Ab. Im Alltag boxe ich mich durch, so gut es geht.
Und sonst?
Als Spitzensportlerin ist es schon bitter, wenn man nach wenigen Treppenstufen bereits keuchen muss. Es fällt mir schwer, alles zu akzeptieren.
Sie stecken mitten im Sommertraining. Wann haben Sie gemerkt, dass etwas mit Ihnen nicht stimmt?
Im Frühling hatte ich Corona. Ich überstand alles einigermassen gut, sobald Husten, Fieber und Kopfweh nachgelassen hatten. Aber ich denke, dass mein Immunsystem seither vielleicht anfälliger ist.
Das Pfeiffersche Drüsenfieber war eine Folge von Corona?
Genau kann ich es nicht sagen. Aber ich denke schon, dass es einen Einfluss hatte – auch wenn ich mich bis vor vier Wochen sensationell fühlte.
Und heute…
Gibt es Tage, da liege ich flach und kann praktisch nichts machen.
Was spüren Sie genau?
Ich habe Muskelkater, obwohl ich nicht trainiere. Zwischendurch starke Gliederschmerzen und vor allem bin ich sehr müde.
Wann haben Sie gemerkt, dass etwas mit Ihnen nicht stimmt?
Vor drei oder vier Wochen. Ich war sehr müde, dachte zuerst es ist irgendwas Banales. Als es nicht besser wurde, liess ich mir Blut entnehmen, doch die Werte waren in Ordnung. Dann hat unser Team-Arzt, Walter O. Frey, empfohlen, auch dies zu kontrollieren. Dann wurde es klar: Ich habe Mononukleose.
Ein Schock?
Nein. Das tönt vielleicht blöd, aber ich war fast erleichtert. Endlich wusste ich, woran ich war.
Was können Sie gegen die Krankheit tun?
Nichts. Es ist ein Virus, ich muss mich also schonen. Immerhin läuft wegen den Sommerspielen in Tokio viel im Fernsehen – ich bin wohl Olympiasiegerin im TV-Schauen geworden. Die Schweizer Erfolge muntern mich dabei auf.
Ihre Teamkollegin Camille Rast litt auch am Pfeifferschen Drüsenfieber. Haben Sie mit ihr gesprochen?
Wir haben lange telefoniert, ja. Auch der Deutsche Skifahrer Alex Schmid hat mir einige Tipps gegeben.
Welche?
Naja, eigentlich waren es mehr aufmunternde Worte. Denn helfen kann mir momentan niemand wirklich. Ich muss einfach geduldig sein.
Fürchten Sie um den nächsten Winter?
Es ist gut möglich, dass ich beim Saisonauftakt in Sölden nicht in Topform sein werde. Vielleicht muss ich meine Einsätze auch dosieren.
Als Allrounderin ist das für Sie besonders schmerzhaft, oder?
Es ist, wie es ist. Gleichzeitig weiss ich, dass im Februar Olympia in China ansteht. Ich habe also etwas in der Hinterhand – ein Ziel, auf das ich hinarbeiten kann. Sobald ich auf die Ski kann, werden wir einen Plan ausarbeiten. Dafür ist es momentan aber noch zu früh.
Wer hilft Ihnen in dieser schwierigen Zeit am meisten?
Meine Familie, klar. Aber auch mein Freund Luca. Für ihn ist es auch nicht einfach. Ich war zuletzt wie ein Kind. Schlafen, essen, schlafen – zu mehr hatte ich oft keine Kraft. Aber er hat mir immer geholfen, ich bin ihm, meiner Familie und meinen Freunden, die sich alle melden und mich ein bisschen unterhalten sehr dankbar.