Darum gehts
Slalom-Weltmeisterin. An diesen Titel müssen wir uns im Fall von Camille Rast (25) erst einmal gewöhnen. Sie wohl auch. Die Walliserin ist aber nicht nur auf der Piste bärenstark, sondern vergisst nicht, jene Menschen zu würdigen, die ihr auf dem Weg zum Triumph besonders geholfen haben.
Zu ihnen gehört Denis Wicki. Der 63-jährige Walliser ist die sportlich entscheidende Person hinter dem neuen Schweizer Ski-Star. «Denis ist sehr, sehr wichtig für mich. Er kennt mich schon so lange, hat mich immer unterstützt. Wir sind schon so lange zusammen unterwegs, und es ist genial, dass wir nun diesen Erfolg gemeinsam feiern können», so Rast.
Der Name Wicki wird längst nicht allen etwas sagen – nicht einmal allen Ski-Fans. Das ist dem Mann, der schon mit 25 Trainer im Europacup wurde, nur allzu recht. «Ich bin nicht gerne im Mittelpunkt und sage praktisch jede Anfrage für TV-Interviews ab», erklärt er.
«Das ist nicht böse gemeint», ergänzt er verteidigend. Tatsächlich ist der Walliser aus Vercorin ein äusserst angenehmer, offener Zeitgenosse. Er sagt sehr direkt, was er denkt, und ist dennoch hochanständig.
Meillard: «So etwas wie der Papa»
Seit zwölf Jahren ist Wicki Technik-Trainer bei Swiss-Ski. Er hat unter anderem Michelle Gisin (31) zu ihren beiden Kombi-Olympiasiegen (2018 und 2022) verholfen und in diesem Winter sowohl Rast als auch Mélanie Meillard an die Spitze geführt – das hatten ihnen wegen ihrer Verletzungsgeschichten längst nicht alle zugetraut. «Denis ist sehr reserviert, aber ein super Trainer und Mensch – und so etwas wie der Papa unserer Gruppe», sagt Meillard.
Wicki ist nicht nur wie eine Vaterfigur, sondern in der Tat auch Vater. Er hat vier Kinder – zwei Söhne und zwei Töchter. Sein jüngstes Kind, Antoine, verunglückte im letzten Mai mit erst 26 Jahren tödlich. «Er war in der Ausbildung zum Bergführer und mit zwei Kollegen an der Nordwand des Breithorns unterwegs. Dann ist er abgestürzt – wir wissen nicht genau, was passiert ist», erzählt Wicki.
Darf er noch zwei Jahre bei Swiss-Ski bleiben?
Antoine Wicki hatte den gleichen Jahrgang wie Meillard und ist in den gleichen Rennen gefahren. «Und auch Camille kannte er», so Wicki. Einmal, als es mit den beiden noch nicht so gut lief, habe er ihm gesagt: «Papa, du musst die Mädchen dahin bringen, wo auch die Schweizer Männer sind.» Sprich: ganz nach oben. Wicki hat es geschafft, Rast ist Weltmeisterin. «Das ist einfach cool, ich bin sehr stolz auf sie», sagt er.
Trotz der Erfolge hat Wicki noch nicht genug. Er würde gerne bis 65 bei Swiss-Ski bleiben, weil er sich fit fühlt und sehr geschätzt wird. Seine Athletinnen hätten gar nichts dagegen, im Gegenteil. Rast: «Denis ist ein Perfektionist, er sucht immer nach Details, an denen wir arbeiten könnten. Ich finde es sehr beeindruckend, welches Feuer er auch nach so vielen Jahren für diesen Sport noch hat.»
Wetten, dass Swiss-Ski mit dem Erfolgscoach bald das Gespräch suchen wird? Zuerst wird auch er sich voll und ganz dem Slalom in Sestriere (It) widmen – es bleibt schliesslich nach dem Winter noch genügend Zeit, um sich in Ruhe zu unterhalten.