Edle Eichenparkettböden im Wohnzimmer, schöne Keramikplatten in den Nassräumen, Video-Kameras über den Klingeln, LED-Einbauleuchten in den Küchen und Ladestationen für Elektroautos in der Garage. Dazu Erdwärmesonden, welche im Winter heizen und im Sommer kühlen. Zusammen mit zwei Partnern baut Ski-Star Wendy Holdener in ihrer Heimat Unteriberg SZ beim Dorfeingang elf zweieinhalb- bis fünfeinhalb-Zimmer-Eigentumswohnungen – gemäss Werbeprospekt an «idyllischer Lage und optimal nach Süden ausgerichtet.» Zehn Wohnungen sind bereits reserviert, einzig eine 3,5-Zimmer-Wohnung für 700’000 Franken ist noch zu haben. Die Siedlung, die Ende 2024 fertiggestellt werden soll, heisst «Sunnäwirbel». Tönt alles nach Harmonie pur? Eigentlich schon. Aber: In der Region Ybrig sorgt «Sunnäwirbel» für mächtigen Wirbel.
Worum es geht? Einfach: Um die Dächer der Überbauung – sie sind nicht wie in der Gemeinde üblich steil, sondern flach. Gemäss «Bote der Urschweiz» stören sich viele Einheimische daran, in Restaurants würde das Thema heiss diskutiert. Denn: Eigentlich sind Flachdächer in der 2500-Seelen-Gemeinde verboten. Vor drei Jahren schmetterte die Baukommission die Anfrage der Sambucus Immobilien AG ab. Allerdings steht im Baureglement der Gemeinde, dass «Flachdachbauten in Ausnahmefällen gestattet» sind. Und tatsächlich: Nach einem Gespräch gab der Gemeinderat Ende 2022 grünes Licht für den Bau mit Flachdächern. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Viele hatten ihre Meinung rasch gemacht. «Ja, ja. Für Wendy wird eine Ausnahme gemacht» – so beschreibt die «Bote der Urschweiz» die Stimmung im Dorf.
Holdener: «Da habe ich keine Vorteile»
Der Vorwurf liegt auf der Hand: Die Weltmeisterin und Olympiasiegerin hat ihren Prominentenstatus ausgenutzt und es geschafft, die gewünschten Flachdächer bei den Behörden durchzudrücken. Blick trifft Holdener nach dem Hangbefahren in Spindleruv Mlyn (Tsch), wo am Wochenende zwei Slaloms anstehen. Sie wehrt sich: «Erstens ist es egal, wie berühmt ich bin. Da habe ich keine Vorteile. Und zweitens sind es drei Parteien, die das Projekt erstellen – meine Familie und ich sind eine davon.»
Unteribergs Gemeindepräsident Ruedi Keller bestätigt: «Jeder kann eine Ausnahmebewilligung beantragen, egal ob er bekannt ist oder nicht. Wendy Holdener hat jedenfalls in keiner Phase Druck gemacht oder ihren Status in die Waagschale geworfen. Übrigens war weder sie noch ihre Familie, beim Gespräch nach der Ablehnung des Gesuchs dabei. Es waren vielmehr die anderen zwei Parteien, die den Kontakt zu uns aufgenommen haben.» Es gibt aber auch noch etwas anderes, das gemäss Keller in den bisherigen Medienberichten zu kurz kommt. «Am Stammtisch wird gelästert. Aber gegen das Projekt, das öffentlich einzusehen war, hat sich kaum einer gewehrt.» Tatsächlich gab es innerhalb eines halben Jahres nur eine Einsprache, die dann aber nicht weitergezogen wurde.
Dächer passen in die Umgebung
Dennoch stellt sich die Frage: Warum kam es in der Baukommission Unteriberg bei dem Dächer-Thema eigentlich zum Meinungsumschwung? Und weshalb entschied sich die Mehrheit des siebenköpfigen Gemeinderats anschliessend doch für den «Sunnäwirbel» in seiner ursprünglichen Form? Keller: «Zuerst wurde uns nur eine Zeichnung des Projekts vorgelegt. Später aber erhielten wir eine Visualisierung, die sehr detailliert war. Darauf konnte man sehr gut erkennen, dass die mit Photovoltaik-Zellen und Grünflächen bedeckten Dächer hervorragend in die Umgebung am Rand des Dorfs passen. Das überzeugte die Baukommission und auch die Mehrheit des Gemeinderats.»
Genau diese harmonische Integration in die Umgebung war Holdener selbst wichtig. «Alles wird hochwertig und nachhaltig gemacht. Ich wollte schon immer eine eigene Wohnung in meiner Heimat haben, denn die Region liegt mir am Herzen.» Derzeit lebt die Frau, die in diesem Winter ihre ersten zwei Weltcupslaloms gewann und bei der WM in Frankreich (ab 6. Februar) als grosse Schweizer Medaillenhoffnung startet, bei ihren Eltern. «Sunnäwirbel ist eine Herzensangelegenheit und ich bin glücklich, dass ich ein solches Projekt entwickeln kann», sagt sie.
Baureglement wird überarbeitet
Die Siedlung wird gemäss Keller eine von ganz wenigen mit Flachdach in der Gemeinde sein – alle anderen sind deutlich älter. Gänzlich glücklich ist der Gemeindepräsident mit der aktuellen Situation übrigens nicht. «Unser Baureglement ist mehr als zehn Jahre alt. Es ist nicht ideal. Die Baukommission ist daran, es zu überarbeiten. Dabei können die Bürger ebenfalls mitwirken – es würde mich freuen, wenn möglichst viele das tun würden.» Wäre es also möglich, dass man in Unteriberg künftig Flachdachbauten gänzlich verbietet – auch ohne Sonderbewilligung? Keller: «Natürlich. Entweder sagt man, dass Flachdächer möglich sind. Oder eben nicht. Wichtig ist, dass Klarheit herrscht.»