Die Schweizer Kugel-Klatsche von 2008
Wegen Cuche darf sich Odermatt nicht zu sicher sein

Die Wahrscheinlichkeit ist riesig, dass sich Marco Odermatt nach dem Gesamt- und dem Riesenslalom-Weltcup am Freitag auch den Sieg in der Super-G-Gesamtwertung sichert. Aber Vorsicht: Vor 16 Jahren ist Odermatts Idol in einer vergleichbaren Situation gescheitert.
Publiziert: 22.03.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2024 um 07:26 Uhr
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Didier Cuche war 2008 der Hauptdarsteller im grössten Super-G-Drama der Weltcupgeschichte.
Foto: Blicksport
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Viele Österreicher haben im Kampf um die kleine Super-G-Kugel schon vor dem letzten Rennen in Saalbach resigniert. «Die Wahrscheinlichkeit, dass wir im kommenden Sommer Fussball-Europameister werden, ist grösser, als dass Vincent Kriechmayr in der Super-G-Gesamtwertung den überragenden Marco Odermatt noch überholen wird», meint Alex Hofstetter, Alpin-Reporter bei der «Kronen Zeitung» in Wien.

Tatsächlich deutet alles darauf hin, dass Odermatt (26) nach der grossen Kugel und der kleinen Riesenslalom-Kugel genau wie im Vorjahr auch den Super-G-Kristall gewinnen wird. 81 Punkte liegt er vor Kriechmayr (32). Damit reicht Odermatt ein 13. Rang, um alles klarzumachen.

Cuche: «Ich bin der Depp»

Aber Odermatt weiss aufgrund seines Jugendidols Didier Cuche (49), dass man sich nie zu früh sicher sein sollte. Rückblende: Es ist der 13. März 2008, als Cuche in Bormio schon vor dem finalen Super-G wie der sichere Kugel-Gewinner aussieht. Der zweitplatzierte Österreicher Hannes Reichelt (43) liegt 99 Punkte hinter dem Neuenburger. Das heisst: Wenn Reichelt gewinnt, reicht Cuche der 15. Rang.

Doch dann nimmt eines der grössten Dramen in der Weltcup-Historie seinen Lauf. Reichelt übernimmt mit der Startnummer 16 ein Hundertstel vor dem Walliser Didier Défago (46) die Führung. Mit der 21 geht Cuche ins Rennen, er verbremst seinen Lauf aber komplett – und liegt an 15. Stelle, als Daniel Albrecht mit der 26 am Start steht. Kommts zur Stallorder im Schweizer Team? Reichelt: «Ich war mir sicher, dass Albrecht kurz vor dem Ziel für Cuche einen Bremsschwung einlegen wird.» Doch der Oberwalliser zieht voll durch und verdrängt seinen Landsmann mit der elften Zeit tatsächlich aus den Punkterängen. Reichelt gewinnt die kleine Kugel. Der Schweizer Cheftrainer Martin Rufener tobt: «Wir haben Daniel ganz klar rauf gefunkt, dass er seine Interessen für Didier zurückstellen muss. Dass er unseren Anweisungen nicht gefolgt ist, ist eine Sauerei!»

Doch Cuche nimmt Albrecht in Schutz: «Der einzige Depp in dieser Angelegenheit bin ich. Eine solche Gelegenheit muss ich ohne fremde Hilfe ausnützen können.»

Gewinnbringende Niederlage

Der fünffache Kitzbühel-Sieger hat an diesem Tag zwar einen Kristall verloren, dafür hat er mit Reichelt einen Freund fürs Leben gewonnen. «Vor diesem Rennen hatte ich kaum Kontakt mit Cuche, aber danach sind wir uns als Menschen sehr viel näher gekommen, weil Didier in dieser für ihn so enttäuschenden Situation grossartig reagiert hat», schwärmt der 43-jährige Salzburger und liefert ein bemerkenswertes Beispiel von Cuches menschlicher Klasse: «Nachdem sich Didier ein paar Jahre später gegen meinen Landsmann Michael Walchhofer im Kampf um den Abfahrts-Gesamtsieg durchsetzen konnte, hat er sich bei mir bedankt, weil ihm die Niederlage in Bormio eine wichtige Lehre für seine weitere Karriere gewesen sei. Ein grossartiger Typ, dieser Didier Cuche.»

Und weil sich Marco Odermatt seit Jahren in einer grossartigen Form befindet, dürfen wir davon ausgehen, dass sich das Szenario von Bormio in Saalbach nicht wiederholen wird.

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