«Die Krise fing schon 2015 an»
Maier über Ösi-Katzenjammer vor Kitzbühel

Die Österreicher stehen vor dem Auftritt in Kitzbühel ziemlich «deppert» da. Vor allem die Abfahrer haben ihren Kredit bei vielen Fans und Experten verspielt. Einzig der Millionen-Mann vom ORF glaubt daran, dass ein ÖSV-Athlet Marco Odermatt gefährlich werden kann.
Publiziert: 12:03 Uhr
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Aktualisiert: 14:56 Uhr
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Vincent Kriechmayr nach seinem Sturz am Lauberhorn.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Österreichs Ski-Team in Krise vor Kitzbühel-Rennen, Experten äussern Kritik
  • Hermann Maier glaubt an Doppelsieg von Marco Odermatt
  • ÖSV-Herren liegen schon 1736 Punkte hinter Schweiz im Nationencup
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Nie war die Stimmung in Österreich vor den Heimrennen in Kitzbühel schlechter als jetzt! Zum ultimativen Partykiller avancierte bei unseren Nachbarn im Osten am vergangenen Samstag die Lauberhornabfahrt, bei der das einst so stolze ÖSV-Powerteam regelrecht abgewatscht wurde.

Nachdem Teamleader Vincent Kriechmayr (33, Doppel-Weltmeister 2021) bei seinem üblen Abflug im Ziel-S eine Innenbandzerrung erlitten hat, klassierte sich auf der längsten Abfahrt der Welt kein einziger Österreicher in den Top 15. Nach 20 Weltcuprennen steht die rot-weiss-rote Männergruppe ohne Sieg da. Lediglich fünf Podestplätze haben die Burschen von Cheftrainer Marko Pfeiffer in der ersten Saisonhälfte eingefahren.

Übler Kriechmayr-Sturz am Lauberhorn
0:44
Bei Einfahrt ins Ziel-S:Übler Kriechmayr-Sturz am Lauberhorn

Österreichs Alpin-Heiland Hermann Maier (52, 54 Weltcupsiege, dreifacher Weltmeister, Doppel-Olympiasieger) glaubt nicht daran, dass seine Nachfolger an diesem Wochenende am Hahnenkamm auferstehen werden. «Ich glaube stattdessen, dass der Marco Odermatt beide Speed-Rennen in Kitzbühel gewinnen wird.»

Klartext vom Herminator

Zur Erinnerung: Die Österreicher haben zwischen 1990 und 2019 ausnahmslos im Nationencup triumphiert. Aktuell liegen die Ösi-Herren im selben Ranking nicht nur hinter der Schweiz (1736 Punkte Rückstand!), sondern auch hinter den Norwegern. Wo liegt das Hauptproblem? «Im ÖSV wird meines Erachtens in zu kleinen Gruppen trainiert, bei uns fehlt der Team-Spirit. Unser Nachwuchs sollte viel früher die Möglichkeit bekommen, um sich mit einem Vincent Kriechmayr messen zu können», glaubt Franz Klammer (71), der als Olympiasieger von 1976 und 25 Weltcupsiegen den Titel Abfahrts-Kaiser trägt.

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Der Herminator sieht das ähnlich. «Es hat schon 2015 angefangen, dass man beim ÖSV die Karte auf zu wenige Personen gesetzt hat. Zu meiner Zeit war das anders: Da haben alle aus dem Europacup immer mit uns trainiert. Das zieht die anderen mit, wenn sie sich an den Besten orientieren können», sagt Hermann Maier.

Falsche Personen auf vielen Positionen

Der Steirer Hans Knauss (53), welcher 1999 auf der Hahnenkamm-Abfahrt triumphierte, erkennt noch andere Probleme: «Bei uns wird der Fehler gemacht, dass die Talente im Speed-Bereich viel zu lange im Europacup eingesetzt werden. Das bringt nichts, weil die Abfahrtspisten auf dieser Stufe oft Autobahnen gleichkommen. Deshalb wäre es wichtig, dass die jungen Burschen so schnell wie möglich auf die technisch schwierigen Pisten im Weltcup herangeführt werden.»

Knauss legt nach: «Uns fällt auch auf den Kopf, dass vor ein paar Jahren das Trainingszentrum in Innerkrems geschlossen wurde. Zu meiner Aktivzeit konnten wir hier sehr gut Abfahrt und Super-G trainieren. Hier wurden auch FIS-Rennen ausgetragen. Aber weil es Innerkrems nicht mehr gibt, hat ein 19-jähriges ÖSV-Talent heute die Hälfte weniger Speed-Kilometer in den Beinen, als ich das im selben Alter hatte.»

Der Kitzbühler Christian Leitner hat als Trainer des Finnen Kalle Palander grosse Erfolge gefeiert (Slalom-Gold bei der WM 1999, 14 Weltcupsiege). Mittlerweile betreibt der Sohn des legendären Hias Leitner (89, Silber-Gewinner im Olympia-Slalom 1960) in seinem Heimatort eine Rennschule.

Er wehrt sich gegen die Behauptung, dass die Österreicher im Vergleich zur Schweiz einen Wettbewerbsnachteil haben. «Der ÖSV hat genau so viel Geld wie Swiss Ski, die Trainingsbedingungen sind sicher nicht schlechter als in der Schweiz und es gibt hier auch nicht weniger talentierte Kinder. Der grosse Unterschied ist allerdings, dass im österreichischen Ski-Verband derzeit auf vielen Positionen die falschen Personen sind, während in der Schweiz auf jedem Posten der genau richtige Mann steht!»

Anzahl Athleten in Top 5 – Disziplinenwertungen 2024/25

Gesamt Männer
Schweiz: 2
Österreich: 0

Gesamt Frauen
Schweiz: 2
Österreich: 0

Abfahrt Männer
Schweiz: 3
Österreich: 0

Abfahrt Frauen
Schweiz: 1
Österreich: 1

Super G Männer
Schweiz: 2
Österreich: 1

Super G Frauen
Schweiz: 1
Österreich: 1

Riesenslalom Männer
Schweiz: 1
Österreich: 0

Riesenslalom Frauen
Schweiz: 0
Österreich: 0

Slalom Männer
Schweiz: 1
Österreich: 0

Slalom Frauen
Schweiz: 2
Österreich: 1

Gesamt Männer
Schweiz: 2
Österreich: 0

Gesamt Frauen
Schweiz: 2
Österreich: 0

Abfahrt Männer
Schweiz: 3
Österreich: 0

Abfahrt Frauen
Schweiz: 1
Österreich: 1

Super G Männer
Schweiz: 2
Österreich: 1

Super G Frauen
Schweiz: 1
Österreich: 1

Riesenslalom Männer
Schweiz: 1
Österreich: 0

Riesenslalom Frauen
Schweiz: 0
Österreich: 0

Slalom Männer
Schweiz: 1
Österreich: 0

Slalom Frauen
Schweiz: 2
Österreich: 1

Millionenshow-Moderator glaubt an Austria-Exploit

Viele kritische Worte hat in den letzten Wochen und Monaten auch der ehemalige Weltklasse-Abfahrer Armin Assinger (60, 4 Weltcupsiege) an den ÖSV gerichtet. Vor der Hahnenkamm-Abfahrt gehört der ORF-Ski-Co-Kommentator und Millionenshow-Moderator aber zu den wenigen Österreichern, die optimistisch gestimmt sind. «Der Steirer Stefan Eichberger wurde im Abschlusstraining Zweiter. Ich habe mir danach seine Linienwahl auf Video genau angesehen, und darf sagen, dass mir Eichberger diesbezüglich sogar besser gefallen hat als ein Marco Odermatt. Darum glaube ich an einen österreichischen Exploit an diesem Kitzbühel-Wochenende!»

Assingers Euphorie dürfte allerdings ein bisschen gedämpft werden, wenn er erfährt, dass Marco Odermatt im Abschlusstraining im Materialbereich etwas ausprobiert hat, was er im Rennen sicher nicht benutzen wird.

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