Es ist in der Saison 2010/ 2011 als sich Justin Murisier und Alexis Pinturault erstmals im Weltcup begegnen. Während der Franzose in seinen ersten 13. Einsätzen in der höchsten Alpin-Liga ohne Punkte bleibt, benötigt der zehn Monate jüngere Walliser nur fünf Anläufe, ehe er beim Slalom in Val-d’Isère als Achter sein erstes Ausrufezeichen im Weltcup setzt.
Die Experten sind sich damals einig, dass Murisier das nächste Alpin-Jahrzehnt prägen wird. Es kommt alles anders. Am Sonntag, also ziemlich genau zehn Jahren später, stehen Pinturault und Murisier in Alta Badia erstmals gemeinsam auf dem Podest.
Erster schwerer Tiefschlag 2011
Während der Franzose seinen 31. Weltcupsieg ohne grosse Emotionen registriert, bejubelt Murisier den dritten Rang wie einen Sieg. Kein Wunder, schliesslich musste der Couch Cousin von Abfahrts-Legende William Besse (Lauberhorn-Sieger 1994) für seinen ersten Top-3-Rang im Weltcup den härteren Leidensweg in Kauf nehmen, als das Pinturault für seine Erfolge tun musste.
Während Alexis in all den Jahren von schweren Verletzung verschont bleibt, muss Justin seinen ersten schweren Tiefschlag 2011 einstecken. Sieben Monate, nachdem der gelernte Forstwart im WM-Riesen in Garmisch mit der drittbesten Zeit im zweiten Durchgang glänzt, erleidet er seinen ersten Kreuzbandriss am rechten Knie. Weil dasselbe Kreuzband zehn Monate später wieder flöten geht, dauert es bis im Winter 2013/14, ehe Murisier in den Ski-Zirkus zurückkehrt.
2017 liegt Murisier erneut am Boden
Im Dezember 2017 ist Murisier wieder so gut in Form, dass er als Vierter beim Riesenslalom in Alta Badia bis auf 25. Hundertstel ans Podest heranfährt. Doch acht Monate danach liegt Murisier erneut am Boden. Bei einem Trainings-Sturz in Neuseeland reisst er sich zum dritten Mal das rechte Kreuzband.
«Mein Arzt stand vor der letzten OP vor einem besonderen Problem», erinnert sich Murisier. «Mein erstes Kreuzband wurde mit einem Stück von meiner Beuger-Sehne repariert. Für die zweite Kreuzband-OP hat der Arzt ein Stück von der Patellasehne genommen. Weil mein rechtes Knie danach aber keine Ersatzteile mehr beinhaltete, musste der Arzt vor meiner dritten Kreuzband-Operation einen Teil der Patellasehne im gesunden linken Knie herausholen.»
«Psychologe konnte mir nicht helfen»
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus besorgt sich der heroische Kämpfer die Nummer von einem Psychologen. «Ich habe darauf gehofft, dass ich durch die Zusammenarbeit mit einem Psychologen wieder das Vertrauen in mich und meine Gesundheit finde, damit ich auf der Piste wieder voll ans Limit gehen kann. Doch nach drei Sitzungen habe ich gemerkt, dass mir ein Psychologe nicht weiter helfen kann.»
Richtig in Fahrt kommt Murisier erst dann wieder, als er im letzten Frühling von Nordica auf Head-Ski wechselt. «Der Head ist viel weicher zu fahren als der steife Nordica, ich kann deshalb vor allem in Steilhängen viel spielerischer zu Werke gehen.»
Und deshalb grüsst Murisier nach dem Riesen-Klassiker in Alta Badia gemeinsam mit seinen Head-Kollegen Pinturault und McGrath vom Weltcup-Podium.