Auf einen Blick
Was haben Sölden, St. Anton, Zauchensee und Lienz gemeinsam? Klar, es sind alles klassische Weltcup-Stationen in Österreich. Und Lara Gut-Behrami (33) hat in jedem Ort gewonnen, oft sogar mehrmals. Am Semmering allerdings, da beisst sich die Tessinerin die Zähne aus. Siebenmal startete sie am Hirschenkogel, gewonnen hat sie nie.
Am Samstag ist Gut-Behrami dennoch die Top-Favoritin auf den Sieg. Zuletzt fuhr sie in drei Rennen dreimal aufs Podest – beim Super-G in St. Moritz (Platz 2) war sie so stark unterwegs, dass Ski-Legende Bernhard Russi laut eigener Aussage bei einigen Kurven sogar Hühnerhaut hatte. «Ich fahre wieder so, wie ich das möchte. Ich stehe stabil auf dem Ski und beschleunige ihn. Das habe ich gesucht», sagt sie.
Gut-Behramis Feststellung dürfte in den Ohren ihrer Konkurrentinnen wie eine Drohung klingen – auch im Kampf um den Gesamtweltcup. «Das ist bei Lara frühestens Ende Januar ein Thema, aber nicht vorher. Ist sie dann noch vorne mit dabei, ist alles möglich», sagt der Schweizer Alpin-Direktor Hans Flatscher.
Wir erinnern uns: 2016 und 2024 krönte sich Gut-Behrami bereits zur Königin des Winters. Schafft sie den Hattrick? 8 von 34 Rennen sind gefahren, also knapp ein Viertel der Saison. Höchste Zeit für eine Bestandsaufnahme!
Derzeit führt Camille Rast im Gesamtweltcup, die Ski-Aufsteigerin aus Vétroz VS hat 287 Punkte gesammelt. Zweite ist Cornelia Hütter (Ö, 250). Bloss: Keine der beiden wird am Ende vorne liegen. Denn beide fahren nur zwei Diszplinen – Rast den Riesenslalom und Slalom und Hütter Abfahrt und Super-G. Das reicht in den allermeisten Fällen nicht, um nach der grossen Kristallkugel zu greifen.
Gut-Behrami fährt alles ausser Slalom – und sie ist überall stark. Derzeit hat sie 240 Punkte auf dem Konto. Wer sind grössten Gegnerinnen?
Mikaela Shiffrin (29, USA, 245 Punkte): Wann kehrt sie zurück?
Das Märchen war geschrieben. Doch statt vor Heimpublikum ihren historischen 100. Sieg einzufahren, landete Shiffrin mit einem Loch im Bauch im Spital. Zuerst wollte man die Verletzung konservativ behandeln. Am 12. Dezember musste sie sich aber einer unerwarteten Operation unterziehen. «Es stellte sich heraus, dass sich ein kleiner Hohlraum gebildet hatte, der tiefer als der Wundtrakt lag und mit alten Hämatomen gefüllt war», so Shiffrin. Seither wurde viel spekuliert – einige schreiben schon vom Saisonende, zuletzt zeigte sie sich aber guter Dinge: «Ich kann lachen, wieder Auto fahren und meine Bauchmuskeln kommen langsam zurück.» Fakt ist: Shiffrin profitierte von den bisherigen drei Rennabsagen, weil sie so keine Punkte einbüsste.
Federica Brignone (34, It, 219 Punkte): Der Tiger will zupacken
Auch mit 34 Jahren ist die Gesamtweltcupsiegerin von 2020 noch ein Energiebündel, wie man es nur selten sieht. Mit einem aufgemalten Tiger auf dem Helm («Er ist mein Tier, das bin ich») gibt sie in jedem Rennen 100 Prozent. Nach dem Auftaktsieg in Sölden wurde es ruhiger um Brignone, zuletzt wurde sie in zwei Super-G jeweils Fünfte. Kehrt sie am Semmering zurück aufs Podest? Auf die Frage, ob sie in diesem Winter lieber eine WM-Goldmedaille oder die grosse Kristallkugel gewinnen würde, sagt sie zu Blick: «Die Kugel, ganz sicher!»
Sofia Goggia (32, It, 240 Punkte): Sie verblüfft erneut alle
Gut-Behrami, Shiffrin oder Brignone? Mit ihrem Mega-Comeback hat sich auf einmal auch Goggia ins Spiel gebracht. Sie landete in drei Rennen immer auf dem Podest – Zweite, Erste, Dritte. Obwohl man den enormen Mut der Flachland-Italienerin aus Bergamo kennt, war ihre schnelle Rückkehr nach Fraktur des Schienbeins und Schienbeinknöchels im letzten Februar trotzdem überraschend. «Die Ärzte wussten nicht, wie sie die Knochen wieder zusammenführen sollten», sagte Goggia. Die Speed-Spezialistin verzichtet auf Semmering, will aber in Kranjska Gora (Sln) am 4. Januar auch im Riesenslalom wieder angreifen.