Auf einen Blick
- Lara Gut-Behrami gewinnt im Frühjahr den Gesamtweltcup und trennt sich von Erfolgscoach Alejo Hervas
- Gut-Behrami zeigt sich als ruhende Ski-Königin aber manchmal drückt ihre impulsive Persönlichkeit durch
- Im kommenden Februar kehrt sie nach Saalbach zurück – diesmal zur WM
WM-Titel? Sind wunderbar. Ein Olympiasieg? Die Erfüllung eines Kindheitstraums. Aber ein Gesamtweltcupsieg? Das ist im Skisport nochmals was ganz anderes. Der oder die Beste – nicht an einem Tag, sondern über den ganzen Winter – es gibt nichts Grösseres.
Lara Gut-Behrami steht im letzten März kurz davor, genau dies zu erreichen. Sie reist mit satten 286 Punkten Vorsprung nach Saalbach (Ö), wo das Weltcupfinale stattfindet. Wird sie die grosse Kristallkugel gewinnen und damit endgültig allen Kritikern den Mund stopfen, die sie abgeschrieben – oder noch schlimmer – Mitleid hatten?
Am 17. März geht die Kugeljagd mit dem Riesenslalom los. Gut-Behrami wird Zehnte. «Heute habe ich nicht ans Skifahren, sondern nur an die Kugel gedacht», sagt sie. Das stimmt nicht ganz. Sie dachte an zwei Kugeln – an die kleine (Riesenslalom) und die grosse (Gesamtweltcup). Sie hamstert beide. Eine grosse innere Ruhe und Zufriedenheit umgibt sie.
Es ist, als würde Gut-Behrami all die negativen Nebengeräusche, die sie während ihrer Karriere begleitet haben, endgültig hinter sich lassen – den Streit mit dem Verband, die Reibereien mit Journalisten, ihre Verletzungen und die Sinnkrise, die sie vor ihrem Kreuzbandriss 2017 umhüllte.
Lehmann: «Geschichte nicht so gelaufen, wie sie laufen sollte»
Gut-Behrami, die in sich ruhende Ski-Königin? Zwei Tage später sitze ich im Medienzentrum, als sich mein Blick-Reporter-Kollege Marcel W. Perren meldet. «Lara hat Alejo in die Wüste geschickt», berichtet er. Alejo? Gemeint ist Alejo Hervas, Gut-Behramis Erfolgscoach aus Spanien. Er habe dem Männer-Team von Swiss-Ski für den nächsten Winter zugesagt. Ich telefoniere mit Hans Flatscher, dem Schweizer Alpin-Direktor. Wie erwartet: Die Geschichte stimmt. Sie ist ein Knaller. Und zeigt: Die alte Gut-Behrami gibt es immer noch – impulsiv, konsequent und nachtragend.
Hervas hatte Monate zuvor gegenüber Blick gesagt: «Lara und ich haben eine Abmachung. Ich begleite sie bis an ihr Karriereende.» Dass sie auf Umwegen von Hervas’ Meinungsumschwung erfährt, ist für sie nur etwas: Hochverrat. Später wird Swiss-Ski-Boss Urs Lehmann sagen: «Die Geschichte ist nicht so gelaufen, wie sie laufen sollte – das kann man sagen. Das ist nicht gut.»
Und Gut-Behrami? Sie gewinnt noch die Super-G-Kugel, verpasst aber jene in der Abfahrt. «Für eine Zusammenarbeit braucht es gegenseitiges Vertrauen und Loyalität. Wenn diese Basis nicht mehr da ist, muss man sich trennen», sagt sie. Ich merke, wie sehr das Thema an ihr nagt, wie weh es ihr tut. Sie ist müde, erledigt ihre Pflicht-Interviews und zieht von dannen.
Im kommenden Februar wird Gut-Behrami wieder nach Saalbach reisen. Die WM steht an. Es dürfte eine bittersüsse Rückkehr werden.