Darum gehts
- Franjo von Allmen steht vor schwieriger Aufgabe in Abfahrts-Gesamtwertung
- Didier Cuche verlor 2008 dramatisch die Super-G-Kugel in Bormio an Reichelt
- Daniel Albrecht wurde Elfter, Cuche fiel aus den Top 15
Oberflächlich betrachtet steht Franjo von Allmen (23) in Sun Valley vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe. Vor dem finalen Rennen in den USA liegt der Weltmeister in der Abfahrts-Gesamtwertung 83 Punkte hinter seinem Teamkollegen Marco Odermatt (27).
Selbst wenn der Shootingstar aus dem Berner Oberland auf der neuen Piste im Nobel-Skiort von Idaho triumphieren sollte, würde dem Titelverteidiger aus dem Kanton Nidwalden ein 14. Rang zum Gewinn der kleinen Kugel reichen. Seit Odermatt letztmals bei einer Abfahrt schlechter als 14. war, sind ziemlich genau zwei Jahre vergangen – am 15. März 2023 klassierte sich der Ausnahmekönner in Soldeu auf dem 15. Rang.
Der 15. Rang hätte Cuche gereicht
Aber nicht zuletzt aufgrund der Geschichte seines Jugendidols Didier Cuche (50) ist sich der vierfache Gesamtweltcupsieger bewusst, dass man sich nie zu früh zu sicher sein sollte. Der «Speedier» aus dem Neuenburger Jura hat in Bormio im letzten Super-G der Saison 2007/08 einen noch grösseren Vorsprung verspielt. Cuche lag damals 99 Punkte vor dem Österreicher Hannes Reichelt und hätte auf der «Stelvio» mit einem 15. Rang alles klarmachen können.
Doch dann ereignete sich das grösste Kugel-Drama in der Weltcup-Geschichte. Nachdem Reichelt mit der Startnummer 16 die Führung mit einer Hundertstelsekunde vor dem Unterwalliser Didier Defago übernommen hatte, verbremste Cuche seinen Lauf komplett. Deshalb lag der gelernte Metzger lediglich auf Position 15, als der Oberwalliser Daniel Albrecht als Vorletzter mit der 26 am Start stand.
Cheftrainer Martin Rufener wollte den damaligen Kombinations-Weltmeister mit Funksprüchen einbremsen – doch das ging komplett daneben. «Am Start herrschte in dieser Situation riesengrosse Aufregung, die Betreuer von Swiss Ski waren sich uneinig, welche Informationen sie an mich weitergegeben sollen», erinnert sich Albrecht. «Ungefähr zehn Sekunden vor dem Start hat Team-Physio Philippe Pellet zu mir gesagt, dass ich bremsen sollte, damit Didier nicht aus den Punkterängen fällt. Ein anderer Betreuer war aber ganz anderer Meinung. Deshalb habe ich mich entschieden, meinen ursprünglichen Rennplan durchzuziehen und voll auf Sieg zu fahren.»
Albrecht bremste noch, war aber immer noch schneller als Cuche
Bis zur vorletzten Zwischenzeit hat es danach ausgesehen, dass «Albrights» Plan aufgehen und er Reichelt von der Spitze verdrängen könnte. Der Fiescher lag mit einem Mini-Rückstand an zweiter Stelle, ehe er einen gröberen Fehler beging. «Nach diesem Bock war mir klar, dass ich dieses Rennen nicht mehr gewinnen kann. Und ab diesem Moment bin ich derart gemütlich ins Ziel gefahren, dass ich mir sicher war, dass Didier in den Top 15 bleiben würde. Letztendlich wurde ich dennoch Elfter, was bedeutete, dass Cuche die Super-G-Kugel verloren hat.»
Was sich danach im Zielgelände abgespielt hat, wird Albrecht nie vergessen. «Für Cheftrainer Rufener war ich der grosse Buhmann, er hat mich heftig zusammengestaucht! Cuche hat dagegen richtig stark reagiert, er hat mir überhaupt keine Vorwürfe gemacht. Didier war ausschliesslich auf sich selber sauer.»
Zehn Monate später wurde in Kitzbühel durch einen grausamen Sturz beim Zielsprung das Ende von Albrechts vielversprechender Karriere eingeleitet. Mittlerweile ist der Sieger von vier Weltcuprennen 41-jährig. Dass er vor 17 Jahren in Bormio nicht von Anfang an für Cuche gebremst hat, hat er noch nie bereut. «Als Skirennfahrer erhältst du den Lohn ja nicht vom Nationalverband, sondern vom Ausrüster und von den Sponsoren. Und diesen Leuten war ich es logischerweise schuldig, dass ich auch in dieser Situation auf Sieg gefahren bin.»