Nach Rauswurf aus Verbandskader brauchts viel Geld
Der teure Kampf der aussortierten Swiss-Ski-Athleten

Daniele Sette, Cédric Noger und Sandro Simonet betreiben nach dem Rauswurf bei Swiss-Ski einen gigantischen Aufwand, um sich eine kleine Chance für die Rückkehr in den Weltcup wahren zu können.
Publiziert: 19.03.2025 um 11:48 Uhr
|
Aktualisiert: 19.03.2025 um 13:21 Uhr
1/11
2021 gelang Daniele Sette in Bansko (Bul) mit der Bestzeit im zweiten Lauf der Sprung vom 23. auf den 11. Rang.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Ehemalige Schweizer Ski-Stars kämpfen um Comeback im Weltcup-Zirkus
  • Cédric Noger arbeitet als Rezeptionist und verkauft Adventskalender
  • Daniele Sette investiert über 100'000 Franken in seine letzte Chance
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_1182.JPG
Marcel W. PerrenSki-Reporter

Wenn du in St. Gallen im Hotel «one66» eincheckst, ist es gut möglich, dass du an der Rezeption von einem 32-jährigen Mann begrüsst wirst, der vor ein paar Jahren im Ski-Zirkus in einem Atemzug mit Marco Odermatt genannt wurde. Sein Name: Cédric Noger. Als Odermatt im März 2019 beim Riesen in Kranjska Gora seinen ersten von mittlerweile 86 Weltcup-Podestplätzen erkämpfte, belegte der fünf Jahre ältere Ostschweizer den vierten Rang.

Während Odermatt ab diesem Zeitpunkt komplett durchstartete, konnte Noger nie mehr an diese Leistung anknüpfen. Deshalb wurde der Riesenslalom-Spezialist im April 2022 aus dem Swiss-Ski-Kader eliminiert.

Obwohl er wenige Wochen zuvor einen Schien- und Wadenbeinbruch erlitt, hat Noger seinen Traum vom ultimativen Durchbruch als Skirennfahrer auch in dieser aussichtslos anmutenden Situation nicht begraben. Anstatt den Rücktritt zu erklären, kämpft der leidenschaftliche Anhänger des FC St. Gallen seither auf eigene Rechnung weiter. Eine Saison kostet ihn rund 80'000 Franken.

Finanzieller Zustupf durch den Verkauf von Adventskalendern

Weil es bei den zweit- und drittklassigen Rennen, bei denen Noger derzeit startberechtigt ist, ausser FIS-Punkten nichts zu holen gibt, arbeitet er zwischen den Trainings und den Wettkämpfen an der Hotelrezeption seines Sponsors. Zudem hat der Stöckli-Pilot Adventskalender produzieren lassen, die er für 200 Franken pro Exemplar verkauft hat. «Diese Aktion hat mir einen schönen Zustupf in die Reisekasse gebracht, weil ich immerhin 27 dieser Adventskalender verkaufen konnte.»

Rein sportlich betrachtet hat sich für Noger die jüngste Dienstreise nach Japan jedoch nicht gelohnt. Bei den Far-East-Cup-Riesenslaloms in Sugadairakogen (Jap) kam der Wiler nicht über die Ränge 19 und 20 hinaus. «Diese enttäuschenden Ergebnisse muss ich erst einmal verdauen, bevor ich entscheide, ob und wie es mit meiner Rennfahrer-Laufbahn weitergeht.»

Sicher ist, dass Noger am 5. April anlässlich der Schweizer Meisterschaften in Zinal VS den Riesenslalom bestreiten wird. Das Ergebnis dieses Rennens dürfte über die Zukunft des bewundernswerten Fighters entscheiden.

Sette investiert über 100'000 Franken in seine letzte Chance

Daniele Sette (33) erlebte seine sportliche Sternstunde am 28. Februar 2021, als er sich beim Riesenslalom in Bansko mit der Bestzeit im zweiten Durchgang vom 23. auf den 11. Schlussrang verbessert hatte. Doch weil sich der St. Moritzer in der Folge im Weltcup nur noch einmal in den Top 20 klassierte, wurde er im Frühling 2023 von den Swiss-Ski-Kader-Selektionären nicht mehr berücksichtigt. Aber auch Sette hat bis dato nie ans Aufgeben gedacht, obwohl er auch noch durch einen Achillessehnenriss zurückgeworfen wurde.

Stattdessen hat er sich nach dem Verbandsrauswurf dem Global Racing Team angeschlossen. Was allerdings mit gepfefferten Rechnungen verknüpft ist, zumal sich der mittlerweile 33-Jährige einen persönlichen Servicemann leistet – Sette bezahlt pro Jahr für Betreuung, Training und Reisen über 100'000 Franken. «Ich habe das Glück, dass mir meine Sponsoren auch nach dem Out bei Swiss-Ski treu geblieben sind. Zudem kommt durch den Verkauf von Merchandising-Artikeln auf meiner Homepage noch etwas Geld herein», erzählt Sette.

Ende Januar hat der 1,68-Meter-Mann als Dritter beim Riesen in Lake Louise (Ka) seine erste Top-3-Platzierung im Nordamerika-Cup eingefahren, im Far-East-Cup in Japan hat er das «Stockerl» als Vierter vor zwei Wochen knapp verpasst. Somit lebt die Chance, dass Sette im Hinblick auf den kommenden Winter von Swiss-Ski noch einmal eine Chance erhält.

Simonet wird von SCB-Plüss unterstützt

Hinter Sandro Simonet liegen vier Jahre, die neben einem grandiosen Exploit diverse sehr schmerzliche Tiefschläge beinhalten. Obwohl er im Januar 2021 beim Weltcup-Slalom in Chamonix hinter Henrik Kristoffersen und Ramon Zenhäusern Dritter wird, wird der Bündner nicht für die WM in Cortina selektioniert! 13 Monate danach erleidet der 1,93 Meter lange Slalom-Spezialist in Flachau einen Kreuzbandriss.

Weil der 29-Jährige seither im Weltcup den Sprung in die Top 10 nicht mehr geschafft hat, verliert er im April 2024 bei Swiss-Ski die Kaderzugehörigkeit. Seither setzt auch Simonet seine Rennfahrer-Laufbahn auf eigene Rechnung fort. «Nachdem ich zu Beginn dieses Winters richtig schlecht war, machen mir meine letzten Leistungen Hoffnung», sagt Sandro Simonet, der im letzten Sommer als Hilfsarbeiter bei einer Sägerei gearbeitet hat.

Zweimal hat sich der ältere Bruder von B-Kader-Athlet Livio Simonet in dieser Europacup-Saison in den Top 10 klassiert. Dass er den Glauben an die Rückkehr an die Weltspitze nicht verloren hat, ist auch auf einen Hochkaräter aus der Eishockey-Szene zurückzuführen: Simonet arbeitet im mentalen Bereich seit zwei Jahren mit SCB-Sportdirektor Martin Plüss zusammen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?