Ski-Legende Fritz Züger über seine Alkohol-Sucht
«Ich trank zwei Flaschen Wodka am Tag»

Fritz Züger ist erfolgreicher Skitrainer. Als die Scheinwerfer weg sind, stürzt er ab. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 21.05.2023 um 12:32 Uhr
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Aktualisiert: 21.05.2023 um 12:41 Uhr
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Fritz Züger hat den Weg aus der Alkoholsucht gefunden.
Foto: Blicksport
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Felix BingesserReporter Sport

Einmal Himmel, einmal Hölle. Und wieder zurück. Das Leben des einst so erfolgreichen Skitrainers Fritz Züger ist eine Achterbahnfahrt. Jetzt, mit 68 Jahren, feiert Züger seinen grössten Sieg. Er hat seine Alkoholsucht überwunden.

Fritz ist das zweitälteste von sieben Kindern der Familie im bündnerischen Tamins. «Ich war in der Schule immer der Kleinste und wurde oft gehänselt. Darum habe ich so einen Ehrgeiz entwickelt», sagt er heute. Die Zeiten damals waren hart. «Wir hatten nur das Nötigste. Geld für den Skilift hatten wir nicht.»

Er machte eine Lehre als Elektriker und kam dann in den Skisport. Als Servicemann von Doris De Agostini, die den Abfahrtsweltcup gewann. Der legendäre Karl Frehsner holte ihn als Trainer zu den Männern. Zuerst im Europacup und später beim erfolgreichsten Riesenslalom-Team aller Zeiten. Michael von Grünigen, Steve Locher, Paul Accola und Urs Kälin sorgten für Podestplätze und Siege im Wochenrhythmus. «Der kleine Fritz mit den grossen Stars. Viele haben mir das damals nicht zugetraut», sagt er.

Züger genoss das Rampenlicht

Fritz war ganz oben. Er genoss das schmeichelnde Rampenlicht, er gierte nach medialer Aufmerksamkeit. «Ich war gerne in der Öffentlichkeit. Vielleicht zu gerne.» Er wurde Trainer bei den Abfahrern mit dem jungen Bündner Supertalent Silvano Beltrametti. Dann kam die Abfahrt 2001 in Val d’Isère. Der junge Beltrametti ballte vor dem Rennen die Faust und sagte: «Coach, heute gewinnst du als Trainer die erste Männerabfahrt.» Beltrametti war auf Siegesfahrt. Stürzte schwer. Ist querschnittgelähmt.

Einen Tag später flog Züger mit den Eltern von Beltrametti nach Grenoble (F). Im Spitalzimmer machte Silvano wieder die Faust. «Coach, jetzt kämpfen wir einen anderen Kampf.» Züger sagt dazu: «Ich brachte kaum ein Wort heraus.»

Er war später zwei Jahre lang im Trainerteam von Bode Miller, danach im Regionalverband. Und musste Schicksalsschläge verdauen. Einen Bruder verlor er bei einem Jagdunfall, ein zweiter schied aus dem Leben.

Dann kam die Pensionierung. Und der grosse Absturz von Fritz.

Seit 14 Monaten trocken

«Ich fiel in ein brutales Loch», sagt er. Er trank Wodka. «Zum Betäuben. Immer mehr. Zu Spitzenzeiten zwei Flaschen am Tag. Manchmal auch die ganze Nacht hindurch. Ich war freudlos, ein Gespenst, habe furchtbar ausgeschaut.» Seine Frau, mit der er seit 1988 zusammen ist, hielt zu ihm. Sie versteckte die Patronen seines Jagdgewehrs, weil sie Angst um ihn hatte.

Aber der kleine Fritz schaffte die Flucht aus der Hölle. «Vor 14 Monaten habe ich in mein Tagebuch geschrieben: ‹Das war der letzte Schluck.›» Und so ist es bis heute geblieben. «Ich geniesse mein Leben wieder, bin auf meiner Hütte auf dem Berg oder beim Holzen. Und drei Meter neben meinem Bett fliesst der Bergbach vorbei.»

Die Scheinwerfer sind weg. Das Leben bleibt. «Es hat gedauert, bis ich das realisiert habe», sagt Fritz.

Warum redet er so offen über sein Schicksal? «Ich habe die ganze Welt gesehen und wunderbares erlebt. Aber jetzt muss ich dieses Leben abschliessen. Und das hilft mir dabei», sagt Züger.

Weit wichtiger: «Ich möchte mich bei meiner Frau und meinem Umfeld bedanken. Ohne die hätte ich das nicht geschafft.»

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