Gisler fordert Kampfrichter
«Wir müssen besser werden»

Der zweifache Weissenstein-Sieger Bruno Gisler gehört zu den besten Kampfrichtern des Landes. Im Gespräch mit Blick erklärt er, was ihm nicht passt und welche neue Weisung ihn freut.
Publiziert: 29.07.2024 um 14:54 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2024 um 14:55 Uhr
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Bruno Gisler züchtet auf seinem Bauernhof im bernischen Rumisberg Truthähne.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Nicola AbtReporter Sport

Wie stark sich der Schwingsport entwickelt hat, zeigt folgende Episode aus den 90er-Jahren. «Als ich in der Schule erzählte, dass ich schwinge, lachten sie mich aus», erinnert sich der 127-fache Kranzgewinner Bruno Gisler (40). «Heute schauen die Frauen zu den Schwingern hoch.»

Der dreifache Eidgenosse trat 2018 auf dem Weissenstein zurück. Als Kampfrichter blieb er dem Schwingsport verbunden. Er will etwas zurückgeben. Innert kürzester Zeit stieg Gisler von der ersten in die vierte Stufe auf. Dort befindet sich die Crème de la Crème der Kampfrichter, wie es im offiziellen Verbandsdokument heisst.

Die verschiedenen Kampfrichter-Stufen

Kriterien für Stufe 1 (Einsatz an Jung-, Nachwuchs- und Rangschwingfesten)

  • Besuchter Grundkurs
  • Muss Mitglied eines Schwingklubs sein
  • Muss männlich sein

Kriterien für Stufe 2 (Einsatz an Kranzfesten möglich)

  • Einige Jahre auf Stufe 1, pro Jahr vier bis fünf Einsätze
  • Jedes Jahr Besuch des Weiterbildungskurses
  • Die jeweilige Kampfrichterkommission fällt den Entscheid zur «Beförderung»

Kriterien für Stufe 3 (alle Stufen und Einsatz bis Schwingfeste der Stufe Teilverbands- und Bergkranzschwingfeste)

  • Einige Jahre auf Stufe 2, pro Jahr fünf bis zehn Einsätze (stufengerecht)
  • Jedes Jahr Besuch des Weiterbildungskurses
  • Die jeweilige Kampfrichterkommission fällt den Entscheid der «Beförderung»
  • Eine Rückstufung ist jederzeit möglich

Kriterien für Stufe 4 (alle Stufen inklusive eidgenössische Anlässe)

  • Bewährt auf Stufe 3, spontan, entscheidungsfreudig, gute Körpersprache, pro Jahr mindestens zehn Einsätze (Crème de la Crème der Kampfrichter)
  • Jedes Jahr Besuch des Weiterbildungskurses
  • Die Kampfrichterkommission des Teilverbands fällt den Entscheid zur «Beförderung»
  • Eine Rückstufung ist jederzeit möglich

Kriterien für Stufe 1 (Einsatz an Jung-, Nachwuchs- und Rangschwingfesten)

  • Besuchter Grundkurs
  • Muss Mitglied eines Schwingklubs sein
  • Muss männlich sein

Kriterien für Stufe 2 (Einsatz an Kranzfesten möglich)

  • Einige Jahre auf Stufe 1, pro Jahr vier bis fünf Einsätze
  • Jedes Jahr Besuch des Weiterbildungskurses
  • Die jeweilige Kampfrichterkommission fällt den Entscheid zur «Beförderung»

Kriterien für Stufe 3 (alle Stufen und Einsatz bis Schwingfeste der Stufe Teilverbands- und Bergkranzschwingfeste)

  • Einige Jahre auf Stufe 2, pro Jahr fünf bis zehn Einsätze (stufengerecht)
  • Jedes Jahr Besuch des Weiterbildungskurses
  • Die jeweilige Kampfrichterkommission fällt den Entscheid der «Beförderung»
  • Eine Rückstufung ist jederzeit möglich

Kriterien für Stufe 4 (alle Stufen inklusive eidgenössische Anlässe)

  • Bewährt auf Stufe 3, spontan, entscheidungsfreudig, gute Körpersprache, pro Jahr mindestens zehn Einsätze (Crème de la Crème der Kampfrichter)
  • Jedes Jahr Besuch des Weiterbildungskurses
  • Die Kampfrichterkommission des Teilverbands fällt den Entscheid zur «Beförderung»
  • Eine Rückstufung ist jederzeit möglich

«Mein Vorteil ist, dass ich die Schwinger und Schwünge kenne.» Gisler weiss, ob einer lieber nach links oder rechts schwingt. «Dementsprechend kann ich mich positionieren.» Auch die verschiedenen Tricks sind ihm als langjährigem Spitzenschwinger bekannt. Angefangen beim Herausstrecken des Bauchs während der Gurtkontrolle über das Greifen bis zum verbotenen Kopfeinstellen. Pro Jahr absolviert Gisler 12 bis 14 Schwingfeste.

Eine klare Ansage

Die Entwicklung des Kampfrichterwesens in den vergangenen Jahren bewertet er positiv. Eine neue Weisung hin auf diese Saison gefällt ihm besonders gut: Die Kampfrichter sollen vermehrt die Note 9 für Gänge mit guter Schwingarbeit vergeben.

Doch etwas stört ihn. «Bei der Entlöhnung sind wir noch nicht da, wo wir hinmüssen. Mindestens die Spesen müssen gedeckt sein.» Je nach Schwingfest bewegen sich diese zwischen 50 und 150 Franken.

Gisler führt aus: «Es kann nicht sein, dass immer mehr Geld in den Schwingsport fliesst, aber die Ausgaben der Kampfrichter/Funktionäre nicht gedeckt sind. Wir tragen eine grosse Verantwortung. Ohne uns gibt es keine Schwingfeste.»

Lobend erwähnt er die kostenlose Verpflegung. «Ich nehme dann jeweils zwei Steaks statt nur eines», sagt er lachend. Gisler ist einer der ersten Kampfrichter, der dieses heikle Thema offen anspricht.

Gutes Geschäft zwischen zwei Schwinger-Familien

Doch Gisler ist nicht der Typ, der nur fordert. Deshalb sagt er im Gespräch auch: «Wir müssen besser werden.» Potenzial sieht er bei der Fitness. «Wir brauchen fittere Kampfrichter. Das hilft dem Geist und verbessert die Konzentrationsfähigkeit über den ganzen Tag.» Als Vorbild nimmt er den Fussball: «Dort sind die Schiedsrichter genauso fit wie die Spieler.»

Sechs Jahre nach dem Rücktritt wirkt sein Körper noch immer durchtrainiert. Das verdankt er der Arbeit auf dem eigenen Bauernhof im bernischen Rumisberg. 2014 hat er ihn von seinen Eltern übernommen. Zusammen mit seiner Partnerin Evelin und der Familie kümmert er sich um 30 Kühe und knapp 40 Aufzuchtrinder.

Daneben verdienen sie ihr Geld mit Truten. 350 Tiere werden jährlich gemästet. Zurzeit sind die Gislers einer von wenigen Betrieben, die ganze Truthähne für Thanksgiving und Weihnachten produzieren. Ein Abnehmer der Thanksgiving-Tradition ist in Schwinger-Kreisen bestens bekannt. «Rund 30 Stück gehen an die Metzgerei Schwander», sagt Gisler. Sie gehört der Familie des Berner Eidgenossen Severin Schwander (28).

Verbesserungspotential bei den Schwingern

Bevor Gisler den elterlichen Betrieb übernahm, arbeitete er 80 Prozent auswärts. Daneben half er zu Hause mit und schwang auf höchstem Niveau. Manchmal frage er sich, was die heutige Generation macht.

«Sie haben viel mehr Zeit für Training und Regeneration. Für jeden Körper gibt es ein ideales Gewicht, damit die Balance zwischen Gewicht, Technik, Beweglichkeit und Schnelligkeit stimmt. Da sehe ich bei vielen Schwingern Verbesserungspotenzial.»

Ebenso kritisch sieht er ihre Vorbereitung. «Am Samstag absolvieren sie ein Abschlusstraining, und was machen sie den Rest des Tages? So kannst du am Sonntag nicht bereit sein.» Für ihn ein Grund, warum sich Verletzungen häufen. «Bei der heutigen Generation ist ein Tag hart, der nächste nicht. Der Körper muss sich immer wieder umstellen.»

Lockerer Umgang mit Druck

Weniger als zehn Schwingfeste hat Gisler in seiner Karriere verpasst. «Mein Körper hatte einen Rhythmus. Ich stand jeden Morgen um die gleiche Zeit auf. Und ich schwang an einem Fest immer besonders stark, wenn ich am Vortag noch heuen musste. Dann war ich gleich richtig im Schuss.»

Am vergangenen Weissenstein-Schwinget war Gisler nicht als Kampfrichter im Einsatz, sondern als Helfer, da er dem durchführenden Schwingklub Solothurn angehört. Egal in welcher Funktion, Gisler bleibt die Ruhe selbst. Nervosität vor einem Kampfrichter-Einsatz? «Die ist sehr gering», sagt er lachend. Mit dem Druck der Medien geht der zweifache Weissensteinsieger gelassen um. «Kritik gehört dazu. Als Kampfrichter muss man sich dessen bewusst sein. Für mich ist das Schwingfest am Sonntagabend vorbei. Am Montag beginnt ein neuer Arbeitstag.»

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