Was ist bloss mit König Stucki los? Diese Frage stellten sich am vorletzten Sonntag im April die Zuschauer beim Frühjahrsschwinget in Zäziwil. 1,98-Meter-Gigant Stucki musste sich da nämlich gegen die «Nichteidgenossen» Stefan Gäumann, Simon Röthlisberger und Gustav Steffen mit unentschiedenen Gängen begnügen.
Am Tag danach lieferte eine medizinische Untersuchung die Erklärung. An der rechten Schulter wird ein Teilabriss der Sehnen diagnostiziert. Danach wurde es dramatisch, wie Stuckis Trainer Tommy Herzog verrät: «Nach diesem Befund war Chrigu kurz davor, seine sportliche Laufbahn zu beenden. Ich habe auf ihn eingeredet, ihm gesagt, dass ein Abgang durch die Hintertüre seinem königlichen Status nicht gerecht werden würde. Und nach ein paar Tagen Bedenkzeit hat mir Chrigu dann versichert, dass er alles tun wolle, um Ende August beim Eidgenössischen in Pratteln eine starke Rolle spielen zu können.»
Herzog hat seinem Schützling nach dieser Kampfansage allerdings klarmachen müssen, dass er dieses Ziel nur dann erreichen könne, wenn er sich in seinem Alltag in den nächsten Wochen nur noch auf vier Dinge konzentriere:«Trainieren, essen, trinken, schlafen!»
Den Job als Lastwagen-Chauffeur hat Stucki gekündigt
Damit die Regeneration zwischen den knallharten Trainings-Sessions nicht zu kurz kommt, lebt der zweifache Familienvater derzeit tatsächlich wie ein Profi-Sportler. «Meinen Job als Lastwagenchauffeur für die Fleischwaren AG Lüthi und Portmann habe ich gekündigt, ich bin für dieses Unternehmen aber weiterhin als Repräsentant im Einsatz. Und es ist auch klar, dass ich nach dem Eidgenössischen wieder ein grösseres Arbeitspensum absolvieren will», sagt der Berner Seeländer, der 2019 vor Roger Federer zum Schweizer Sportler des Jahres gewählt wurde.
Der Begriff Profi ist in konservativen Schwinger-Kreisen immer noch verpönt. In Wahrheit haben sich aber schon vor Stucki einige «Böse» höchst professionell auf das Kräftemessen um die Krone vorbereitet. Bereits in den Neunzigern hat es Zwilchhosen-Gladiatoren gegeben, die sich in Eidgenössischen Jahren zu 100 Prozent auf den Sport fokussiert haben.
Auch Matthias Sempach (König von 2013) hat in seiner sportlichen Blütezeit abseits vom Sägemehlring fast nur repräsentative Verpflichtungen wahrgenommen, Armon Orlik kann sein Studium so steuern, dass er in der Hauptsaison voll auf den Sport setzen kann.
Comeback frühestens im Juli
Um sich nach den schweisstreibenden Einheiten in Herzogs «Folterkammer» in Beromünster LU optimal erholen zu können, hat Stucki nun aber noch ein anderes, ganz natürliches Mittel entdeckt – das Bad im Eiswasser. «Ich muss meinen inneren Schweinehund zwar nach jedem Training überwinden, das Planschen im unterkühlten Pool ist für die Regeneration der Muskeln aber optimal».
Bis der 132-fache Kranzgewinner seine Muskeln wieder in einem Wettkampf wird spielen lassen können, dürfte es noch rund zwei Monate dauern. Wahrscheinlich ist, dass Christian Stucki sein Comeback am 23. Juli auf dem Weissenstein geben wird. Ob er aber noch einmal zu alter Stärke zurückfindet, ist fraglich.