Es ist der wohl dreckigste Zweikampf in der Schwing-Geschichte. Die Rede ist vom Eidgenossen-Duell zwischen dem Berner Roger Brügger und dem Schwyzer Ady Tschümperlin in Kilchberg 2008. Es schüttet in Strömen an diesem Septembersonntag. Der Platz neben dem Sägemehlring gleicht einem einzigen Moor. Brügger will diesen Gang so schnell wie möglich mit einem wuchtigen «Churz-Zug» beenden. Während Tschümperlin auf dem Rücken landet, taucht der «Röschu» Kopf voran in den Morast.
Dass er deshalb wie ein Landwirt nach dem Gülleführen aussieht, bemerkt der dreifache Familienvater gar nicht. Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten marschiert er deshalb auch nicht zum Brunnen, um den Kopf zu waschen. Brügger erinnert sich: «Mein einziges Problem war in diesem Moment, dass der Kampfrichter meinen Wurf als ungültig taxiert hatte.» Der «Schiri» winkte ab, weil Brügger den Tschümperlin neben dem Platzrand «platt» gemacht hatte. Der vierfache Eidgenosse kämpft danach zwar komplett verdreckt weiter, doch nach sechs Minuten endet diese aussergewöhnliche Partie mit einem Gestellten.
Aus Dreck wird Ruhm
Trotzdem wird Brügger durch diesen Kampf berühmt. «Bereits vor der Mittagspause haben mir Kollegen per SMS mitgeteilt, dass mein Duell mit Tschümperlin im Fernsehen rauf und runter gespielt wird.»
Ende des Jahres wird Brügger dann tatsächlich auch erstmals zu den Sports Awards eingeladen. Seiner Schlammschlacht im sonst so mondänen Kilchberg wird zum aussergewöhnlichsten Augenblick des Sportjahres ausgerufen. Der Besuch bei den Sports Awards verändert schliesslich auch sein Berufsleben. «Ich habe an diesem Abend den heutigen Schweizer Sporthilfe-Geschäftsführer Steve Schennach kennengelernt, der mich kurz darauf zum Logistik-Chef seines damaligen Arbeitgebers gemacht hat.» Und plötzlich finden auch Film-Regisseure Gefallen am liebenswerten «Bösen» aus Rubigen. Zuerst taucht Brügger im Kult-Streifen «Hoselupf» an der Seite von Beat Schlatter auf der Kino-Leinwand auf, später spielt er den Schwingerkönig im Film «Dinu».
Schwerer Schicksalsschlag
Doch es gibt nicht bloss Hochs in Brüggers Leben. 2017 beginnt für ihn ein grausames Kapitel – seine Frau bekommt die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs – ein Todesurteil. «Im Herbst 2019 haben wir noch eine wunderbare Reise durch Kanada gemacht» erzählt der 46-Jährige. «Wenige Wochen nach unserer Rückkehr hat meine Frau den Kampf gegen den Krebs verloren.»
Auf dem Sterbebett hat diese starke Frau den Wunsch geäussert, dass sich Roger nach ihrem Ableben wieder auf die Suche nach einer Frau machen soll. Und Brügger hat in der Zwischenzeit eine neue Liebe gefunden. Die Erinnerung an die letzte Reise mit seiner verstorbenen Frau geht aber wahrhaftig unter die Haut: Roger Brügger hat sich das kanadische Ahornblatt auf den linken Unterarm tätowieren lassen.