Einfach war das Verhältnis zwischen Pirmin Reichmuth und Joel Wicki noch nie. «Weil wir bei den Wettkämpfen in der Innerschweiz seit Jahren die grössten Konkurrenten sind, können wir nicht die besten Freunde sein», offenbart Reichmuth vor dem Unspunnen-Anschwingen im Interview mit Sonntagsblick.
Wenn es um den Kampf gegen den Rest der Sägemehlschweiz geht, halten die beiden Urschweizer-Alphatiere aber bedingungslos zusammen. Obwohl der regierende König Wicki aufgrund einer Ellenbogen-Verletzung am Unspunnen nicht in den Ring steigen konnte, ist er nach Interlaken gefahren, weil er Reichmuth und die anderen ISV-Athleten als Betreuer unterstützen wollte.
Beide sind am Ende punktgleich
Vor dem ersten Gang hat Reichmuth offensichtlich den gewinnbringenden Input von Wicki erhalten – der Rigi-Sieger besiegt den Berner Matthias Aeschbacher, der im Vorjahr Joels Schlussgangegner am ESAF war, souverän. Nach einem weiteren ungefährdeten Sieg gegen den Aargauer Eidgenossen Andreas Döbeli stolpert der 1,98-Meter-Riese aber völlig unerwartet über den Südwestschweizer Benjamin Gapany. Reichmuth steht aber auch dank gutem Zureden von seinem Edel-Betreuer schnell wieder auf und macht im fünften Gang den bis dato überragenden Bündner Armon Orlik platt.
Somit belegt der 27-Jährige punktgleich mit Adrian Walther den zweiten Rang. Aber weil Walther im Gegensatz zu Reichmuth keine Niederlage auf dem Notenblatt hat, wird der gelernte Hochbauzeichner vom Kampfgericht für den Schlussgang gegen Giger nominiert. Reichmuth nimmt das ohne Murren zur Kenntnis und sichert sich mit einem Erfolg gegen den Seeländer Florian Gnägi den zweiten Schlussrang.
«Vater würde ausflippen vor Freude»
Walther erinnert trotz der finalen Niederlage in vielerlei Hinsicht an den 2018 verstorbenen Ruedi Hunsperger (Schwingerkönig 1966, 69 und 74). Der Zwei-Meter-Riese ist in Habstetten unmittelbar neben dem Restaurant Linde, wo Hunsperger lange als Gastwirt tätig war, aufgewachsen.
Hunspergers Sohn Remo ist überzeugt, «dass mein Vater schier ausflippen würde vor Freude, wenn er Adrian noch erleben würde, weil er mit seinem offensiven Kampfstil dem Idealbild entspricht, das ‹Päpu› von einem Schwinger hatte.»
«Rüedus» langjähriger Weggefährte Fritz Uhlmann (80, Unspunnen-Schlussgang-Teilnehmer 1962 und 76) erkennt ebenfalls viele Parallelen zwischen Walther und dem König aller Könige. «Walthers Links-Churz ist sensationell. Und Adrian hat mir schon mehrmals bewiesen, dass seine Nerven ähnlich stark sind, wie die von Rüedu.»
Deshalb hat Walther in seiner jungen Karriere bereits das Berner Kantonale und den Berg-Klassiker auf dem Brünig für sich entschieden. Wetten, dass er in Zukunft auch an einem Eidgenössischen Anlass triumphieren wird?