Marlen Reusser beschenkt sich zu ihrem 32. Geburtstag gleich selbst. Die Bernerin kürt sich im holländischen Emmen zum dritten Mal in Folge zur Europameisterin im Zeitfahren.
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Etwas mehr als einen Monat nach ihrem überraschenden Ausstieg aus dem WM-Zeitfahren ist Marlen Reusser in ihrer Paradedisziplin wieder in gewohnt starker Manier unterwegs. Die zweitplatzierte Britin Anna Henderson distanziert die als Topfavoritin gestartete Schweizerin auf dem knapp 30 km langen Parcours in der niederländischen Provinz Drenthe um 43 Sekunden. Bronze geht an die Österreicherin Christina Schweinberger.
«Es ist besonders speziell»
«Einmal, zweimal und nun dreimal Europameisterin zu werden, ist nicht etwas, das ich mir hätte ausdenken können. Es ist natürlich besonders speziell, weil heute mein Geburtstag ist», sagt die frischgekürte Reusser nach dem Rennen.
Für Reusser war die erneute Titelverteidigung mit ihrer Vorgeschichte alles andere als Formsache. Im August hatte sie im WM-Zeitfahren in Glasgow die Reissleine gezogen und das Rennen unter Tränen aufgegeben.
Glasgow fast vergessen
Das Lachen hatte die Olympia- und WM-Zweite unlängst wieder gefunden. Am Sonntag strahlte sie als Gesamtdritte der Tour de Romandie Féminin vom Podest. Die Ärztin hat das Geschehene reflektiert und mit ihrem Umfeld die Schlüsse daraus gezogen.
Vor ihrem ersten Zeitfahren seit dem Ausstieg war sie sich aber nicht sicher, ob sie wieder bereit sein würde, in der Prüfung im Kampf gegen die Uhr an und über die Schmerzgrenzen zu gehen. Den Beweis, dass sie wieder zum Leiden bereit ist, liefert Reusser an ihrem Geburtstag eindrücklich. Nach der Zieldurchfahrt streckt sie begleitet von einem breiten Lachen die Faust in die Höhe – die Tränen aus Schottland sind weit weg.
Bissegger holt Silber, Küng stürzt
Stefan Bissegger kann seinen Europameistertitel nicht verteidigen. Der Schweizer wird deutlich vom 19-jährigen Briten Joshua Tarling geschlagen, holt sich aber Silber.
Wie bei den Frauen distanziert auch Tarling seinen ersten Verfolger um fast 43 Sekunden. Umso knapper wird es im Kampf um den zweiten Platz. Belgiens Allrounder Wout van Aert bleibt 0,22 Sekunden hinter Bissegger, der die drei harten Wochen an der Vuelta offenbar gut verdaut hat. Als der 25-Jährige im Vorfeld auf die fehlende Pause angesprochen wurde, antwortete er: «Ich weiss nicht, wie mein Körper reagieren wird. Top oder Flop, es ist ein Experiment.» Und es ist gelungen.
Stefan Küng, der sich im Vorjahr im Schweizer Duell um den Sieg um 0,53 Sekunden geschlagen geben musste, wurden die besseren Chancen eingerechnet. Tatsächlich liegt Küng bei den Zwischenzeiten jeweils vor Bissegger, doch kurz vor Schluss fährt er in eine Reihe Absperrgitter. Der 29-Jährige, der schon zwei EM-Titel gewonnen hatte, verletzt sich dabei sichtlich. Blutüberströmt und mit kaputtem Helm nimmt er das Rennen wieder auf und kann sogar ins Ziel fahren. Er wird Elfter. (SDA)