Enttäuschung für Marlen Reusser an der Rad-WM in Schottland!
Als Top-Favoritin startet die zweifache Europameisterin ins 36,2 Kilometer lange Zeitfahren, das sie dann nicht beendet. Die Bernerin gibt auf. Wieso? Das ist lange Zeit unklar, obwohl Swiss Cycling umgehend ausrichtet: «Marlen geht es gut. Wir geben so schnell wie möglich weitere Informationen.»
Am Abend erklärt sich Reusser ausführlich gegenüber SRF: «Ich hatte kein technisches Problem. In diesem Moment wollte ich aufgeben. Ich merkte, dass ich nicht ready war für dieses Zeitfahren, ich war nicht hungrig. Es kam im Rennen der Moment, an dem ich hätte aufdrehen müssen, ich hatte keinen Bock und habe dann einfach gestoppt. Man kann sagen, ich bin verwöhnt. Bei mir hat selber schon die Kritik-Ratterei im Kopf angefangen. Aber ich habe es so gemacht und bin ok damit.»
Keine Pause wegen Krankheit
«Das hier ist meine siebte WM. Seit ich Velo fahre, mache ich das mit sehr viel Leidenschaft. Ich richte mein Leben danach aus. Meine Freunde sind hier, sie können ein Lied davon singen, was dies konkret bedeutet», so die 31-Jährige. «Es ist kein 9-to-5-Job, den ich betreibe, dieser Job ist viel cooler. Er hat sehr viel Positives. Er kostet aber auch sehr viel Energie. Insbesondere letztes Jahr wars schwierig, ich war immer wieder krank und verletzt. Meine geplante Pause fiel deswegen komplett aus. Das hat alles an mir gezehrt. Und jetzt läufts diese Saison derart erfolgreich, ich durfte so viele Erfolge feiern. Nach der Tour de Suisse gings in ein Loch. Es kam nie der Moment, als ich durchschnaufen konnte. Es ging direkt weiter, mit der Tour de France und jetzt mit dieser WM.»
Für Reusser ist klar: «Ich brauche Raum, um mal wieder etwas anderes zu machen. Um mich zu freuen, was alles passiert ist, um auch wieder Hunger zu bekommen auf das, was noch kommt. Ich bin sicher, ich will weitermachen. Ich habe noch nicht genug vom Velofahren.» Die Teilnahme am Strassenrennen am Sonntag lässt sie offen.
Vierte bei der Zwischenzeit
Bei der ersten Zwischenzeit liegt Marlen Reusser an vierter Stelle. Über eine halbe Minute verliert sie auf den ersten 12,6 Kilometern auf die US-Amerikanerin Chloé Dygert. Als die Regie in der Folge erneut auf die Bernerin umschneidet, schüttelt diese den Kopf und steigt nach 16 absolvierten Kilometern vom Rad. Reusser sitzt unmittelbar nach ihrer Aufgabe im Gras, hat Tränen in den Augen. Nationaltrainer Edi Telser tröstet sie.
Vor zwei Tagen, als die Schweizer Mixed-Staffel im Zeitfahren Gold gewann, stürzte Reusser in einer Kurve. Sie konnte das Rennen allerdings beenden. Danach gab sie an, dass sie schon wieder etwas Vertrauen zurückgewinnen müsse. Während des Einzelzeitfahrens ist die Tour-de-Suisse-Gesamtsiegerin mit einbandagiertem Ellbogen unterwegs.
Zweiter Zeitfahr-Titel für Dygert
Den WM-Titel sichert sich Dygert, die schon 2019 im Zeitfahren reüssierte. Fünf Sekunden dahinter folgt die Australierin Grace Brown. Bronze geht an Christina Schweinberger aus Österreich mit mehr als einer Minute Rückstand auf Dygert. Die Schweizerin Elena Hartmann beendet den Wettkampf als 23. (3:28 Minuten Rückstand). (yap/str)