Stefan Küng ist mit 30 Jahren ein gebranntes Kind. Er liebt Paris-Roubaix, landete in der Hölle des Nordens aber schon mehrmals auf dem Boden. Seine Bilanz: acht Teilnahmen, drei Aufgaben. 2017 fuhr ihm ein Auto über den Arm, 2018 brach er sich den Kiefer. «Um bei La Roubaix zu gewinnen, musst du lernen, zu verlieren», sagte der Italiener Franco Ballerini (Sieger 2015 und 2018) einst.
Und tatsächlich: Küng näherte sich zuletzt dem obersten Podest an, Fünfter und Dritter wurde er. «Ballerini hat nicht unrecht, hier kann man das Glück nicht erzwingen. Es braucht auch Gelassenheit. Das musste ich lernen, früher ging ich auch mal mit dem Kopf durch die Wand.»
Pavés sind wie Glatteis
Der unverschuldete Sturz bei der Flandernrundfahrt machte Küng zuletzt einen Strich durch die Rechnung. «Ich spüre das Knie noch ein wenig, aber auf dem Velo geht es ganz gut.» Der Thurgauer hofft für Sonntag auf trockene Strassen – ein Wunsch, der kaum in Erfüllung gehen wird. «Der Winter hier in Nordfrankreich war sehr feucht, es hat viel Schlamm. Und das führt dazu, dass die Pflastersteine wie Glatteis sind», sagt er nach der Rekognoszierung.
Über die umstrittene 180-Kurve, die zur Drosselung des Tempos vor der berühmt-berüchtigten Passage durch den Wald von Arenberg kurzfristig eingebaut wurde, hat Küng eine klare Meinung: «Es ist nicht ideal, aber immerhin besser als vorher – denn da musste man beten, die ersten paar Hundert Meter heil zu überstehen.»
«Das geht nicht spurlos an mir vorbei»
Und was denkt er zu den vielen Stürzen und Verletzungen in dieser Rad-Saison? Zuletzt erwischte es bei der Baskenlandrundfahrt reihenweise Top-Stars (Van Aert, Vingegaard, Roglic, Evenepoel). «Das geht nicht spurlos an mir vorbei. Wenn sechs oder sieben bei einem Rennen im Spital landen, frage ich mich schon, wie lange ich mir das noch antun will.»
Eine Lösung hat der Familienvater nicht. Alles werde professioneller, schneller und gefährlicher. «Früher gab es hinten im Peloton vor allem Stürze. Jetzt auch vorne. Es ist halt ein Problem, dass alle vorne fahren wollen – das geht aber nicht.»