Blick: Olivier Senn, gemäss einem Artikel der «NZZ» droht der Tour de Suisse Women das Aus. Ganz konkret: Werden die Frauen im Juni starten?
Olivier Senn: Sicher.
Der Swiss-Cycling-Geschäftsführer spricht davon, das Rennen «wie geplant zu veranstalten, wenn es irgendwie möglich ist». Das tönt weniger optimistisch.
Noch einmal: Die Tour de Suisse der Frauen wird stattfinden.
Die Geldsorgen sind aber gross, oder?
Es wird, wie in den letzten zwei Jahren, erneut eine Investition von unserer Seite brauchen.
Sie sprechen von Cycling Unlimited, der Trägerschaft der Tour de Suisse. Wie hoch ist das Budget der Frauen-Rundfahrt und wie viel muss investiert werden?
Das Budget beträgt etwa 800’000 Franken. Es laufen noch immer Gespräche mit neuen Sponsoren, die wir dringend brauchen. Letztlich bleibt uns aber wohl nichts anderes übrig, als einen substanziellen Beitrag beizusteuern.
Sie könnten die viertägige Rundfahrt auch absagen.
Das wollen wir nicht. Im Gegenteil: Wir glauben an den Frauen-Radsport.
Das tun offenbar nicht alle.
Alle schreien nach Gleichberechtigung, aber kaum einer ist bereit, das Portemonnaie zu öffnen. Das ist leider nach wie vor ein Problem – nicht nur im Radsport, sondern in allen Sportarten, wo die Frauen keine lange Tradition haben.
Ist das scheinheilig?
Das kann man schon auch so sehen, ja.
Man hört von überall, dass der Frauen-Radsport boomt. Und mit Marlen Reusser hat die Schweiz ein tolles Zugpferd – sie hat nicht nur die Rundfahrt im letzten Jahr gewonnen, sondern ist auch charismatisch.
Es bräuchte aber mehr Schweizerinnen, damit eine Breitenwirkung stattfindet. Und wie gesagt: Geschichten, Legenden und Mythen müssen erst einmal entstehen. Dafür braucht es Zeit, Passion und Geld.
Die Tour de France der Frauen ist ein Erfolg, oder?
Ja. Aber auch da kämpft man, um eine schwarze Null zu schreiben. Alle anderen Frauen-Rennen werden querfinanziert durch die Männer-Events. Daher ist es leider noch kein nachhaltiges Konzept.
Das ist bei der Tour de Suisse nicht möglich, weil bei den Männern auch kein Gewinn gemacht wird, oder?
Stimmt.
Das Budget im letzten Jahr betrug 8,2 Millionen Franken. Wie gross war der Verlust?
Zu gross. Genaue Zahlen nenne ich nicht. Aber es ist besorgniserregend. In diesem Jahr sieht es besser aus, ich gehe von einer ausgeglichenen Bilanz aus.
Wie sieht die Zukunft aus?
Langfristig gesehen müssen sich beide Events, jener der Männer und Frauen, selbst rechnen. Anders geht es nicht, da wir sonst nicht in die Events investieren können. So wie es jetzt ist, würden wir es bei den Frauen nicht mehr lange aushalten.
Was macht Hoffnung?
Dass mehr Partner aus der Wirtschaft erkennen, welch toller Sport gezeigt wird und dass sich ein Engagement jetzt lohnt. Dem Frauen-Radsport gehört die Zukunft. Davon sind nicht nur wir überzeugt. Aber es braucht mehr als nur Lippenbekenntnisse, dass die Tour de Suisse Women nicht stirbt. Wir geben nicht auf.