Er fliegt oft unter dem Radar der Öffentlichkeit, ist aber so erfolgreich wie kein anderer Schweizer Rad-Profi im Jahr 2023: Mauro Schmid. Der 23-jährige Zürcher aus Sünikon wurde zweimal Dritter, viermal Zweiter, einmal Erster und holte einen Rundfahrt-Gesamtsieg. «Es lief bislang super, ich bin sehr zufrieden. Das nimmt Druck von meinen Schultern für den Rest der Saison», sagt er.
Kritiker werden einwenden: Schmid gewann in diesem Jahr keine grossen Rennen. Stimmt –zumindest teilweise. Dass er das Zeug für bedeutendere Siege hat, bewies er vor zwei Jahren bei seinem Giro-Etappensieg. Und nun folgen die Ardennen-Klassiker, die ihm gut liegen sollten. «Da will ich zeigen, was in mir steckt.»
Mammutprogramm mit Lehre und Training
Doch wer ist eigentlich dieser Mann, der sich innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren aus der Anonymität einen Namen als sprintstarker, schlauer Allrounder geschaffen hat? Blick trifft den Profi des mächtigen Quick-Step-Teams in seiner Wohnung im Zürcher Unterland beim Frühstück. «Als Kind war für mich klar, dass das KV nichts für mich ist. Und weil meine Eltern eine Garage besitzen und mich Autos immer interessiert haben, machte ich eine Lehre als Kfz-Mechaniker.»
Genau diese Lehre prägt Schmid. Denn: Er mag sie einerseits, hat aber im Vergleich zu anderen Velo-Hoffnungen ein grosses Handicap. «Ich hatte ganz normale Arbeitszeiten, stand jeden Tag acht Stunden und ging danach trainieren. Am Freitagabend ging es im Auto irgendwohin, oft nach Belgien, für die Rennen am Sonntag. Und am Montagmorgen ging es um 7:00 Uhr weiter mit der Lehre.»
«Und ich verdiene auch noch Geld damit»
Vor allem im Ausland könnten sich viele Rad-Talente ein solches Programm nicht vorstellen –sie trainieren schon als Teenager wie Profis. Schmid, der weder im U17- noch im Junioren-Nationalkader war, weiss das. Darüber geklagt hat er nie. Und er tut es auch heute nicht. «Ich hatte drei Jahre lange keinen Ferientag, den ich nicht für den Radsport investiert habe. Doch ich habe es gerne gemacht. Ich musste unten durch, aber ich wollte es so. Und wer weiss, ob es gut gewesen wäre, hätte ich mehr freie Zeit gehabt?», fragt er rhetorisch.
Schmid beendete die Lehre erfolgreich. Es folgte ein kometenhafter Aufstieg, er steigerte sich innert kürzester Zeit enorm. «Heute weiss ich, wie privilegiert ich bin. Denn ich kenne das normale Leben und weiss, wie sich ein normaler Job anfühlt.» Er habe seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, so Schmid. «Für viele Schweizer ist Velofahren ein Hobby. Ich bekomme super Material, darf überall hinreisen, Rennen fahren und verdiente auch noch Geld damit. Für mich gibt es nichts Schöneres.» Fakt ist: Der ehemalige Kfz-Mechaniker hat auch in seiner Karriere an den richtigen Schrauben gedreht.